Wo sich Robben oder Pinguine oder sogar beide versammeln, schnellt die Artenvielfalt in die Höhe.
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Amsterdam – Die Artenvielfalt in der Antarktis ist zwar nicht gerade auf Regenwald-Niveau, aber auch nicht auf Stand Null – und sie lässt sich ankurbeln. Dafür sorgen hauptsächlich zwei Arten von Gästen auf den südpolaren Landmassen, wie Forscher in der Zeitschrift "Current Biology" berichten: nämlich Pinguine und Robben. Ihre Ausscheidungen lassen die Antarktis lokal aufleben.

Segensreiche Kolonien

Ein Team um Stef Bokhorst von der Universität Amsterdam untersuchte drei Orte auf der Antarktischen Halbinsel. Diese erstreckt sich weit nach Norden Richtung Südamerika und hat ein relativ mildes Klima – im Sommer werden dort sogar Plusgrade gemessen. Auf den untersuchten Flächen gibt es große Kolonien von Südlichen See-Elefanten (Mirounga leonina) und drei Arten von Pinguinen – Adeliepinguine (Pygoscelis adeliae), Eselspinguine (Pygoscelis papua) und Zügelpinguine (Pygoscelis antarctica).

In der Umgebung der Kolonien, in denen pro Quadratkilometer bis zu 230.000 Pinguine und bis zu 25.000 Robben lebten, analysierten die Forscher Böden, Pflanzen und Tiere. Um besonders große Tierpopulationen fanden sie noch in Entfernungen von mehr als tausend Metern die positiven Effekte der Pinguin- und Robbenverdauung. Andere Faktoren wie etwa Temperatur oder Verfügbarkeit von Wasser waren weit weniger wichtig für den Artenreichtum als die Zahl der Robben und Pinguine.

Die Kleinen freut's

In Moosen und Flechten identifizierte das Team dort im Vergleich zu benachbarten Arealen achtmal mehr wirbellose Tiere, etwa Springschwänze (Collembola), Milben (Acari) und Fadenwürmer (Nematoda). "Man kann dort Millionen auf einem Quadratmeter finden", berichtet Bokhorst. "Auf Grasland in den USA oder in Europa sind es nur 50.000 bis 100.000 pro Quadratmeter."

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Der Südliche See-Elefant ist die größte aller Robbenarten. Er kann über sechs Meter lang und mehrere Tonnen schwer werden – da kommt einiges an Fäkalien zusammen.
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Der Artenreichtum geht der Studie zufolge vor allem auf erhöhte Stickstoffkonzentrationen zurück. "Wir sehen, dass der Kot von Robben und Pinguinen teilweise als Ammoniak verdunstet", erläuterte Bokhorst. "Das Ammoniak wird vom Wind ins Inland getragen, gelangt in den Boden und gibt den Stickstoff frei, den Lebewesen brauchen, um in dieser Landschaft zu überleben." Insgesamt fanden die Forscher erhöhte Ammoniak-Werte in Arealen, die bis zu 240 Mal größer waren als die eigentlichen Kolonien.

Die Ergebnisse ermöglichen es den Forschern zufolge, Prognosen auch für andere Teile der Antarktischen Halbinsel zu erstellen. Über Satellitenbilder könne man Tierkolonien erfassen und daraus die Pflanzen- und Tiervielfalt in ihrer Nähe kalkulieren. Dies könnte, so die Wissenschafter, eine Alternative zur mühevollen Feldforschung in der unwirtlichen Region bieten. (APA, red, 8. 5. 2019)