Kanzler Sebastian Kurz hat für seinen Vorstoß zur Änderung des Unionsvertrags viel Applaus bekommen.

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Kanzler Sebastian Kurz hat für seinen Vorstoß zur Änderung des Unionsvertrags viel Applaus bekommen – und das, obwohl seine Vorschläge aus wohlklingenden Plattitüden bestehen, die überflüssig, undurchführbar oder auch ohne neuen Vertrag machbar sind. Da konnte auch sein Vizekanzler nicht nachstehen und beansprucht nun die Idee einer Vertragsänderung für seine FPÖ.

Man könnte den absurden Koalitionsstreit als Wahlkampfgeplänkel abtun, wäre er nicht so bezeichnend für ein grundlegendes Dilemma der EU. Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass der zehn Jahre alte Vertrag von Lissabon bedeutende Schwächen hat. Doch was sich ändern soll, darüber gehen die Meinungen zwischen den EU-Staaten genauso auseinander wie in Österreich.

Neos und Grüne wollen den europäischen Bundesstaat, die SPÖ eine Sozialunion, die FPÖ die Demontage der EU und die ÖVP – siehe oben. Ähnlich uneins sind sich Frankreich, Deutschland oder Polen. Jede Debatte über eine Vertragsänderung wird zu einem Wünsch-dir-was-Spiel ohne reale Erfolgsaussichten. Denn zu einem neuen Vertrag müssten alle 28 – oder bald 27 – EU-Staaten zustimmen.

Das ist so gut wie ausgeschlossen. Die Probleme der EU müssen daher auf Grundlage der bestehenden Verträge gelöst werden. Das ist kompliziert, aber bei vielen Themen machbar. Auch in Österreich wird die sinnlose Vertragsdebatte nach dem Wahltag wohl wieder verstummen. (Eric Frey, 7.5.2019)