Die Österreicher trinken gerne Alkohol. Im Schnitt ist es etwas mehr als ein Krügel Bier pro Tag. Allerdings hat der Alkoholkonsum seit den 1970er-Jahren kontinuierlich abgenommen.

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London/Dresden/Wien – Weltweit wird immer mehr Alkohol getrunken, das zeigte eine internationalen Studie im Fachmagazin "The Lancet". Eine Auswertung der Daten aus 189 Ländern ergab, dass der Alkoholkonsum der Weltbevölkerung von 1990 bis 2017 um 70 Prozent gestiegen ist. In absoluten Zahlen: Im Jahr 1990 wurden rund 21 Millionen Liter Alkohol getrunken, 27 Jahre später waren es 35,7 Millionen Liter.

"Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Auf Basis unserer Daten wird das Ziel der WHO, den gesundheitsgefährdenden Alkoholkonsum bis 2025 um zehn Prozent zu senken, nicht erreicht", sagt Studienautor Jakob Manthey vom Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie (IKPP) der TU Dresden.

Die Ursachen für die weltweit steigende Tendenz waren der Bevölkerungszuwachs und der stärkere Konsum pro Kopf. Allerdings konnten die Forscher große regionale Unterschiede feststellen. Während in den wohlhabenden westlichen Industrienationen und in osteuropäischen Ländern der Alkoholkonsum abnahm, stieg er in Schwellenländern wie China, Indien und Vietnam besonders stark an.

In Moldawien wird am meisten getrunken

Verkehrsunfälle, Herz- und Kreislauferkrankungen oder Krebs sind nur ein Bruchteil der Todesursachen, die direkt oder indirekt mit Alkohol in Verbindung gebracht werden. Laut der Weltgesundheitsorganisation stand 2016 jeder 20. Todesfall weltweit mit Alkoholabusus im Zusammenhang. "Alkohol wird einer der Hauptrisikofaktoren für nicht übertragbare Krankheiten bleiben. Seine Auswirkungen werden sich wahrscheinlich relativ zu anderen Risikofaktoren erhöhen", ist Manthey überzeugt.

Für die Studie analysierte die Wissenschafter Daten zum Alkoholkonsum von Menschen im Alter zwischen 15 und 99 Jahren aus 189 Ländern für die Jahre 1990, 2010 und 2017. Aus diesen Daten leiteten sie eine Prognose für das Jahr 2030 ab. Die Forscher stellten fest, dass 2017 in nordafrikanischen Ländern und im Nahen Osten am wenigsten Alkohol getrunken wurde. In Zentral- und Osteuropa war ein rückläufiger Konsum auf hohem Niveau zu konstatieren, der höchste Anstieg wurde mit 34 Prozent im wirtschaftlich aufstrebenden Südostasien beobachtet.

Im Detail hatte das osteuropäische Moldawien 2017 den höchsten Jahreskonsum (durchschnittlich 15 Liter reiner Alkohol pro Einwohner zwischen 15 und 99 Jahren), das überwiegend muslimische Kuwait den geringsten (weniger als 0,005 Liter). Die unterschiedlichen Zahlen und Entwicklungen führen die Wissenschafter auf Faktoren wie Religion, Gesundheitspolitik und Wirtschaftswachstum zurück. Vor allem das ökonomische Wachstum scheint ein Trigger zu sein. So hat sich in China und in Indien der Alkoholkonsum zwischen 1990 und 2017 jeweils in etwa verdoppelt.

Österreicher pendeln sich auf etwa ein Bier pro Tag ein

Global trank 1990 jeder Mensch von 15 bis 99 Jahren im Schnitt umgerechnet 5,9 Liter reinen Alkohols. Bis 2017 stieg dieser Konsum auf 6,5 Liter. Zur Einordnung: Ein halber Liter Bier enthält etwa 20 Gramm reinen Alkohols. In den westlichen Industriestaaten stagnierte oder reduzierte sich der Alkoholkonsum. Das gilt auch für Österreich. Der tägliche Alkoholkonsum in Österreich unter den 15- bis 99-Jährigen erreichte 1972 die Spitze mit durchschnittlich 34 Gramm pro Tag. "Seit damals hat der Konsum um rund ein Viertel abgenommen", sagt Alfred Uhl, Suchtexperte von der Gesundheit Österreich (GÖG/ÖBIG). 2015 lag er im Mittel bei 25 Gramm pro Tag.

Die "Lancet"-Autoren gehen für die Österreicher dieser Altersklasse im Jahr 2010 von zwölf Litern Durchschnittskonsum reinen Alkohols aus (1990: 14,8 Liter). 2017 seien es im Durchschnitt wiederum um die zwölf Liter gewesen. Das wird sich laut Berechnungen auch bis 2030 nicht verändern. Die Daten der GÖG/ÖBIG sind die offiziellen für Österreich. Im "Handbuch Alkohol" des Gesundheitsministeriums, das 2018 veröffentlicht wurde, ist von 18,8 Litern Alkohol Jahreskonsum bei den über 15-jährigen Männern und von 6,2 Litern bei den Frauen die Rede. Das deckt sich in etwa mit den Zahlen im "Lancet", wo für Frauen 5,75 Liter und für Männer 18,48 Liter im Jahr 2017 berechnet wurden.

"Unsere Studie bietet einen umfassenden Überblick über die sich verändernde Landschaft des weltweiten Alkoholkonsums", fasst Psychologe Manthey zusammen. "Vor 1990 wurde der meiste Alkohol in Ländern mit hohem Einkommen konsumiert, mit den höchsten Werten in Europa. Dieses Muster hat sich jedoch deutlich verändert – mit starken Rückgängen in Osteuropa und gewaltigen Zuwächsen in mehreren Ländern mit mittlerem Einkommen wie China, Indien und Vietnam." Dieser Trend werde sich voraussichtlich bis 2030 fortsetzen. Europa dürfte dann nicht mehr den höchsten Alkoholkonsum aufweisen, resümieren die Studienautoren. (red, APA, 8.5.2019)