Idlib – Die Eskalation der Gewalt in Syriens letzter großer Rebellenhochburg Idlib geht Aktivisten zufolge den dritten Tag in Folge weiter. Bei einem Luftangriff auf den Ort Kansafra seien ein Ehepaar und zwei seiner Kinder getötet worden, meldete die Rettungsorganisation Weißhelme am Donnerstag.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte machte russische Jets für den Angriff verantwortlich. Moskau ist in dem Bürgerkrieg ein wichtiger Verbündeter der syrischen Regierungstruppen. Ein Rebellensprecher warf Russland vor, sich nicht an das für die Region vereinbarte Deeskalationsabkommen zu halten.

Nach Angaben des russischen Militärs wurde dessen Luftwaffenbasis Hamaimim mehrfach beschossen. Es habe aber keine Schäden gegeben. Das Verteidigungsministerium in Moskau wies der Agentur Interfax zufolge Berichte zurück, Rebellen hätten vier russische Soldaten getötet.

Mehr als 100 Angriffe

Bereits in den vergangenen beiden Tagen hatten die syrische und die russische Luftwaffen den Menschenrechtsbeobachtern zufolge mehr als 100 Angriffe auf die Region Idlib geflogen. Demnach waren es die schwersten Bombardierungen seit mehr als einem halben Jahr.

Nach einer Beruhigung in den vergangenen Wochen wachsen damit die Sorgen, Syriens Regierung könnte eine seit langem geplante Offensive auf das Rebellengebiet beginnen. Dort leben rund drei Millionen Menschen, fast die Hälfte davon Flüchtlinge. Hilfsorganisationen warnen vor einer humanitären Katastrophe, sollte es zur Offensive kommen. Die Türkei befürchtet einen neuen Ansturm auf ihre Grenzen.

Russland sowie die Türkei als Unterstützer der Rebellen hatten das Gebiet um Idlib zu einer Deeskalationszone erklärt und sich auf eine Pufferzone geeinigt. Sie soll die Regierungsoffensive verhindern. Kontrolliert wird das Gebiet im Wesentlichen von der Islamisten-Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die dem Terrornetzwerk Al-Kaida nahesteht. Russland argumentiert, seine Truppen bekämpften Extremisten.

"Wir sind bereit, unser Volk zu verteidigen"

Der Sprecher der oppositionellen Nationalen Befreiungsfront, Naji Mustafa, sagte der Deutschen Presse-Agentur hingegen, Russland nutze für seine Angriffe vorgeschobene Argumente. Angesichts eine drohenden Offensive hätten die Rebellen ihre Truppen an der Front verstärkt. "Wir sind bereit, unser Volk zu verteidigen", sagte Mustafa.

Das US-Außenministerium hatte sich am Dienstag angesichts der Eskalation in Idlib alarmiert gezeigt. Angriffe Russlands und des syrischen Regimes sowie der HTS-Miliz destabilisierten die Lage. (APA, 2.5.2019)