Eine Namensliste auf der Homepage des Bundeskanzleramtes sorgt in der Filmbranche für heftige Irritationen. Ende letzter Woche wurde für die Filmförderung "Innovativer Film" recht lapidar ein neu zusammengestellter Beirat bekanntgegeben. Nun hegen viele die Befürchtung, dass eine wichtige Säule der heimischen Films Schaden nehmen könnte.

Statt zweier arrivierter Filmemacherinnen wurden die beiden Produzenten Oliver Auspitz (MR-Film) und Alexander Glehr (Novotny-Film) sowie der Schauspieler und ehemalige Puls-4-Redakteur Hannes Fretzer bestellt. Das vierte und einzige neue weibliche Mitglied, die Filmwissenschafterin Kerstin Parth, hat ihre Bestellung erst gar nicht angenommen, weil sie sich in der Konstellation "nicht wohlfühlt", sagte sie dem STANDARD.

Zweifel am Fachwissen

In den Filmverbänden formiert sich bereits Widerstand. Ein offener Brief an Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) ist in Vorbereitung, gemeinsam mit einer Petition, die den Rücktritt der Personen fordert. Der Tenor: Man zweifle stark am für die Beiratsempfehlungen unerlässlichen Fachwissen der Personen. Weder sei die inhaltliche Bandbreite des unabhängigen Films berücksichtigt worden, noch ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis vorhanden.

Auch Personen des filmkulturellen Bereichs sprechen den Beiratsmitgliedern die Qualifikation ab. Brigitta Burger-Utzer von Sixpack-Film, dem Vertrieb von etlichen BKA-geförderten Filmen, betont gegenüber dem STANDARD: "Die von Blümel vorgeschlagenen Personen verstehen nichts vom innovativen Film. Sollen dort nun TV-Fernsehfilme gefördert werden oder flotte Einheitsware an Kurzfilmen?" Oliver Auspitz' Firma ist mit Serien wie "Vorstadtweiber" im Fernsehen erfolgreich. Hannes Fretzer wiederum kennen nicht einmal Brancheninsider. Auf seiner Homepage rühmt er sich, dass sein Film "Die Liebe und der Tod" auf dem Festival Cannes lief; dort scheint er aber offiziell nicht auf.

Finanzielle Stütze

Die "kleine" Filmförderung dient dezidiert der Förderung des künstlerischen Films. Sie ist die finanzielle Stütze für experimentelle und dokumentarische Formate sowie Low-Budget-Langfilme (Jahresbudget: 2,2 Millionen Euro). "Ich habe mir über die neue Aufgabe noch nicht so viele Gedanken gemacht", sagte Auspitz auf Nachfrage. Er wolle sich erst einen Überblick über die Genres verschaffen und freue sich darauf, "innovative Talente zu entdecken". Mit seiner Produktionsfirma verfüge er über das Wissen, wie man junge Filmschaffende "an größere Budgets heranführen kann".

Alexander Glehr vermutet, dass man Personen ohne unmittelbares Eigeninteresse für die Förderstelle berufen wollte. Das betrachte er auch als richtig. Dennoch war er über seine Bestellung zunächst überrascht. Glehr zeigte sich indes überzeugt, dass es um keine Neuorientierung gehe: "Das hätte auch gar keinen Sinn. Es ist schwierig genug, das Niveau zu halten." Dass man seinen Optimismus in der Branche teilt, ist allerdings nicht zu erwarten. (Dominik Kamalzadeh, 29.4.2019)