Armin Wolf, vor kurzem mit einer Romy geehrt, würde Harald Vilimsky wieder nach dem "Stürmer"-Vergleich fragen.

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Wien – Mehrere hundert Mails, SMS und Twitter-Mentions habe er während seines Kurzurlaubs in Tel Aviv erhalten, schreibt "ZiB 2"-Moderator Armin Wolf in seinem aktuellen Blogeintrag: "99 Prozent davon lobend, freundlich und unterstützend". Der ORF-Journalist meldete sich damit am Sonntag zur anhaltenden Debatte über sein Interview mit FPÖ-EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky zu Wort. Ein "unfreundlicher Herr" habe aber auch unter vollem Namen gemailt: "Grüß sie warum sind sie noch nicht gekündigt beim orf sie. Ratte scheiss geburt einer Hure" (Rechtschreibung im Original).

Der Schlagabtausch zwischen Wolf und der FPÖ ist indessen auch Thema in den deutschen Medien. Der ORF-Moderator stehe seit dem Vilimsky-Interview "unter Dauerbeschuss" der Freiheitlichen, hieß es am Montag in der "Süddeutschen Zeitung" ("SZ"). "Um die Pressefreiheit muss zu Recht gebangt werden", schreibt Leila Al-Serori in einem "SZ"-Kommentar. Über Wolfs jüngsten Blogeintrag berichtet "Die Welt" unter dem Titel "ORF-Moderator Armin Wolf wehrt sich gegen FPÖ-Attacken".

So bezeichnet Wolf die vom Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrats, Norbert Steger (FPÖ), empfohlene "Auszeit" auf Gebührenzahlerkosten in seinem Blog als "einigermaßen originell", um am Schluss klarzustellen: "Ich werde übrigens keine Auszeit nehmen." Im Nachhinein würde er zwar etwa eine zweite Nachfrage nach Außenministerin Karin Kneissl nicht mehr stellen, deren Erkenntnisgewinn "bescheiden" gewesen sei, und eine Passage zu den Verkehrsmaßnahmen kürzen. Die beanstandete Frage, "worin sich die rassistische RFJ-'Karikatur' von rassistischen Bildern im 'Stürmer' unterscheidet, würde ich jedenfalls wieder stellen". Eine konkrete Antwort darauf habe er bis heute nicht gehört.

Thema des Tages

In seinem Blogeintrag erklärt Wolf, wie das Interview mit dem blauen EU-Spitzenkandidaten zustande kam. Spezielle Themen seien, anders als Vilimsky und Steger später behaupteten, ausdrücklich nicht vereinbart gewesen. Das "ekelhafte 'Ratten'-Pamphlet des Braunauer Vizebürgermeisters" habe die Berichterstattung über die FPÖ an diesem Tag beherrscht. Gleichzeitig sei auf Twitter eine Zeichnung der freiheitlichen Jugend Steiermark kursiert. Für ihn sei schnell klar gewesen, dass er Vilimsky am Abend mit diesem Bild konfrontieren würde: "Wie glaubwürdig ist die Distanzierung vom rassistischen 'Ratten'-Pamphlet, wenn eine FPÖ-Organisation gleichzeitig eine derart rassistische 'Karikatur' verwendet?"

Hätte sich Vilimsky davon distanziert, wovon er nach der Braunau-Debatte eigentlich ausgegangen sei, wäre das Thema für ihn erledigt gewesen, so Wolf: "Sollte Vilimsky jedoch das RFJ-Sujet verteidigen, würden wir die 'Stürmer'-Seite dazublenden und ich ihn fragen, was die beiden Darstellungen seiner Meinung nach unterscheidet." Erst als Vilimsky sich nicht distanzierte, habe er ihn mit einer Darstellung der berüchtigten NS-Zeitschrift konfrontiert. Vilimsky reagierte emotional und warf Wolf unter anderem vor, der FPÖ eine Nähe zum Nationalsozialismus zu unterstellen.

"Wie spontan war Empörung?"

Eine interessante Frage sei, so Wolf in seinem Blogeintrag, "wie spontan Vilimskys Empörung im Studio war". Wenige Stunden nach dem Interview habe die FPÖ einen EU-Wahlspot veröffentlicht, in dem eine TV-Journalistin namens "Armina Wolf" eine wesentliche Rolle spiele. Es sei nicht sehr wahrscheinlich, dass das "durchaus professionelle" Video erst nach der "ZiB 2" entstanden sei. Etliche Kommentatoren auf Twitter würden nun vermuten, "Vilimsky hätte mich im Interview – ganz unabhängig von meinen Fragen – in jedem Fall frontal attackiert, weil der Konflikt mit dem ORF offensichtlich zum freiheitlichen Wahlkampfkonzept gehört".

Unterstützung via Twitter

Für den deutschen Juristen, Journalisten und TV-Moderator Claus-Detlev Kleber ergeben die Wolf-Nachrichten "dieser Wochen eine Atmosphäre von 'Letztes Halali'". Es gehe "offensichtlich darum, das Undenkbare nun endlich denkbar zu machen", so Kleber in einem Tweet.

Solidarisch auf Twitter äußert sich auch Ulf Poschardt, Chefredakteur der deutschen "Welt"-Gruppe: "Der wunderbare Armin Wolf verdient unsere vollste Unterstützung. Ein in jeder Hinsicht vorbildlicher Kollege."

Mit mehreren Tweets hat sich auch "Spiegel"-Korrespondent Hasnain Kazim zu Wort gemeldet. Selbstverständlich dürften Journalisten kritisiert werden. Aber die Art und Weise, wie die FPÖ Wolf attackiere, sei "unfassbar": "Es ist nicht nur ein Angriff auf meinen Kollegen, der meine Solidarität hat, sondern auf die Pressefreiheit allgemein."

Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann fragt sich indessen: "Ab wann beunruhigen die Eingriffe in die Pressefreiheit in Österreich eigentlich unsere Bundesregierung?"

Gewerkschaft nimmt Kurz in die Pflicht

Unterstützung für Wolf kommt auch von Barbara Teiber, Chefin der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp). In einer Aussendung am Montag nimmt sie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in die Pflicht. Kurz müsse eingreifen und "seinen Koalitionspartner zur Räson bringen".

Die "ständigen Angriffe" von FPÖ-Politikern seien "letztklassig und inakzeptabel", so Teiber. Der Bundeskanzler müsse daher "jetzt handeln und eine rote Linie ziehen". Die GPA-djp stehe hinter allen kritischen Journalistinnen und Journalisten im Land. (red, APA, 29.4.2019)