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Spaniens Titelseiten am Montagfrüh.

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Die Sozialisten von Premier Pedro Sánchez wurden zwar stärkste Kraft, eine absolute Mehrheit im Parlament haben sie allerdings nicht.

Pablo Casado von der PP hatte am Sonntag nichts zu lachen.

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Vox-Chef Santiago Abascal war zwar am Sonntag enttäuscht über das Ergebnis unter den Umfragewerten, seine Kampfansage, im Parlament ab nun unbequem zu sein, war dafür umso deutlicher.

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Hunderte versammelten sich am Sonntagabend vor der Zentrale der sozialistischen PSOE in Madrid. Sie hatten Grund zu feiern: Erstmals seit elf Jahren hat ihre Partei die Parlamentswahlen gewonnen. Pedro Sánchez, der im Juni 2018 per Misstrauensvotum an die Regierung kam, wird auch in den kommenden vier Jahren die Geschicke Spaniens lenken. "Ja, man kann", skandierte die Menge immer wieder. Es ist eigentlich das Motto der linksalternativen Unidas Podemos (UP). Viel der Anwesenden gaben so ihrem Wunsch nach einer Linksregierung zusammen mit der Formation von Pablo Iglesias Ausdruck.

"Die Spanier wollen ganz klar, dass die PSOE das Land regiert und führt", erklärte Sánchez unter dem Jubel seiner Anhänger. Seine PSOE erzielte 28,7 Prozent und damit 123 der insgesamt 350 Sitze im Parlament. Bisher hatte die PSOE gerade einmal 84. Großer Verlierer ist der konservative Partido Popular (PP), der bis zum Misstrauensvotum 2018 das Land regierte. Er kam auf nur 16,7 Prozent und 66 Abgeordnete. Bisher war der PP mit 137 stärkste Kraft im Land. Pablo Casado, der erst vor wenigen Monaten die Parteispitze übernahm, tröstete sich damit, dass "der PP weiterhin Oppositionsführer und Führer des Mitte-rechts-Spektrums" ist. Trotz des Wahldebakels will er nicht zurücktreten.

Gewinner links und rechts

Vom Zerfall des PP, der internen Streitigkeiten und vor allem unzähligen Korruptionsfällen zuzuschreiben ist, profitieren die rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) und die neue Partei im spanischen Parlament, die rechtsextreme Vox. Cs erhielt 15,9 Prozent und 57 statt bisher 32 Mandate. Vox schaffte mit 10,3 Prozent auf Anhieb den Einzug mit einer 24-köpfigen Fraktion. Die drei Rechtsparteien zusammen verfügen allerdings nicht über die angestrebte Mehrheit, um Sánchez abzulösen. Die Wahlbeteiligung lag mit 75,8 Prozent fast zehn Prozentpunkte höher als 2016. Vor allem die Linke hatte mobilisiert, um eine Regierung unter Beteiligung der Rechtsradikalen zu verhindern.

Zweiter großer Verlierer des Wahlabends ist UP. Die Linksalternativen erhielten 14,3 Prozent und sackten damit von 71 auf 42 Abgeordnete ab. "Wir haben uns natürlich ein besseres Ergebnis gewünscht, aber es ist ausreichend, um das Ziel zu erreichen, das wir im Wahlkampf angestrebt haben, die Bildung einer Linksregierung", erklärte Iglesias am Wahlabend.

Zwei Möglichkeiten für die Regierungsbildung

Sánchez hat jetzt zwei Option für eine Regierung. Die naheliegende ist eine Linkskoalition mit UP. Doch dieser fehlen elf Abgeordnete zur absoluten Mehrheit. Deshalb brauchen Sánchez und Iglesias für ein solches Projekt die Stimmen verschiedener Regionalparteien, darunter die der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC), die ebenfalls stark zulegte. Doch das wird nicht leicht, waren es doch die beiden katalanischen Parteien, die mit ihren Stimmen gegen den Budgetentwurf im Februar überhaupt erst vorgezogene Neuwahlen provozierten. Sie wollen mit Sánchez ein Unabhängigkeitsreferendum nach schottischem Vorbild aushandeln. "Nein ist Nein", erklärte der Sozialist am Wahlabend einmal mehr, was er davon hält.

Eine andere Option wäre ein Bündnis mit Cs. Dieses hätte die absolute Mehrheit im Parlament. Doch der Spitzenkandidat der Rechtsliberalen, Albert Rivera, legte sich im Wahlkampf auf ein Rechtsbündnis fest. Am Wahlabend sprach er einmal mehr davon, in der Opposition zu bleiben. Der Platz dort ist für ihn interessanter denn je. Denn er ist nur wenige Stimmen davon entfernt, seine Cs endgültig zur führenden Kraft im rechten Lager zu machen.

Auch an der Basis der Sozialisten löst die Idee einer Koalition mit Cs alles andere als Begeisterung aus. "Mit Rivera? Nein!", skandierte die Menge, als Sánchez auf dem Balkon der Madrider PSOE-Zentrale erschien. Sánchez will umgehend mit Sondierungsgesprächen in alle Richtungen beginnen. Bis Ende Mai ist allerdings mit keinem Ergebnis zu rechnen. Denn am 26. Mai wählt Spanien nicht nur seine Europaabgeordneten, sondern auch landesweit Bürgermeister und Gemeinderäte sowie in den meisten Regionen die Regionalregierung. Wer sich festlegt, könnte an den Urnen dafür abgestraft werden. Sánchez, der 2015 schon einmal mit Cs statt UP zusammengehen wollte, weiß das zu genau. (Reiner Wandler aus Madrid, 29.4.2019)