Die Leiner-Filiale auf der Mariahilfer Straße wird zum Luxuskaufhaus.

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Sie war das Herz und der Stolz des einstigen Imperiums der Familie Koch: die Leiner-Filiale in der Mariahilfer Straße in Wien. Wer sich von den Küchenutensilien und Kinderwägen vorbei an Sofas und Betten bis zu einem Restaurant in luftiger Höhe vorarbeitet, durchläuft fünf Stockwerke. Noch freiere Blicke über die Innenstadt erlaubt ein großzügig angelegtes Penthouse auf dem Gebäude. Doch beides ist bald Geschichte. Nach einem verlorenen Rechtsstreit gegen die neuen Eigentümer von Kika/Leiner müssen die Kochs aus der noblen Dachgeschoßwohnung raus. Und ins gesamte Möbelhaus darunter zieht der internationale Luxus ein.

Konkrete Planungen laufen bereits, ab 2023 wird die Immobilie zu einem Kaufhaus nach dem Vorbild des Berliners KaDeWe, bestätigt Reinhold Gütebier, neuer Chef der Kika/Leiner-Gruppe. Über die Zukunft des über Jahre juristisch umstrittenen obersten Geschoßes könne er nichts sagen. Fix sei aber, dass sich Leiner auf großer Fläche mit Premiumsortiment im neuen Kaufhaus einrichten werde.

Kika/Leiner-Chef Reinhold Gütebier: "Schwarze Zahlen in drei Jahren, so wahr ich hier stehe."
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Neun Monate ist es her, dass der Investor René Benko mit der Signa-Holding die Kontrolle über Kika/Leiner übernommen hat. Der Immobilienmagnat verpflichtete sich bei der unter hohem Zeitdruck abgewickelten Übernahme dazu, einen dreistelligen Millionenbetrag ins Unternehmen zu investieren. Gütebier erzählt von einem zweistelligen Millionenbetrag, der in die verbliebenen 42 Standorte fließen soll. "Die Sanierung wird innerhalb von drei Jahren abgeschlossen sein. Dann schreiben wir wieder schwarze Zahlen – so wahr ich hier stehe", beteuert der Manager.

"Windstärke 14"

Einmal mehr zieht er Vergleiche mit einem Ozeanriesen auf schwerer See. "Ich komme von der See, habe die Februarflut 1962 erlebt, in der Hamburg fast abgesoffen wäre, und weiß, was Windstärke 14 bedeutet." Lange Rede kurzer Sinn: Er werde Kika/Leiner retten.

Lieferanten zufolge hat sich der Konzern in den vergangenen Monaten in der Tat stabilisiert, wenngleich auf niedrigem Niveau. Filialen wurden quer durch Österreich geschlossen, was je Haus bis zu 20 Million Euro Umsatz kostete. Profitiert hat davon primär Rivale Lutz, der sich seit Monaten mit Superlativen überschlägt und nun von seinem "besten Frühjahr aller Zeiten" spricht. Auch Fachhändler konnten sich neue Marktanteile holen. Die Nachfrage nach Möbeln sei vor allem in Westösterreich stark, sagt Christian Wimmer, Chef des Einkaufsverbands Garant. "Wir suchen daher zusätzliche Fachkräfte, unter anderem Monteure."

Im November erstmals Zuwächse

Nach sechs Monaten Restrukturierung sieht sich auch Gütebier auf "einem hervorragenden Weg". Im November habe es erstmals seit langem wieder deutliche Umsatzzuwächse gegeben, betont er und verspricht, "die nächste Raketenstufe" zu zünden. Gelingen will ihm das etwa über neue Sortimente, höhere Lieferzuverlässigkeit, schnellere Zustellung – und Marketing. "Davon hängt Tod oder Leben ab. Das ist meine Leidenschaft, das ist meine Welt."

Weniger redseliger ist Gütebier, wenn es um konkrete Zahlen geht. Und über die Zukunft der Filialen in Osteuropa äußert er sich ebenso wenig wie über politisch umstrittene Details rund um den Kauf des Wiener Leiner-Hauses an Benko: Das sei Sache der Eigentümer.

Alle Flächen auf dem Prüfstand

Branchenkenner gehen davon aus, dass Benko derzeit jeden einzelnen Standort der Möbelgruppe auf profitablere Verwertung abklopft: Dies könne bedingen, dass Einrichtung teilweise nicht mehr die gesamte Fläche bespiele. Gütebier zufolge begutachten interne und externe Fachleute alle Häuser. Die Erkenntnisse daraus würde Benko Anfang Mai präsentiert.

Laut der KMU Forschung Austria brachten Jänner und Februar der Branche heuer ein reales Plus von 1,3 Prozent. Es liegt leicht unter der Entwicklung des gesamten Einzelhandels. Lutz besetzt mehr als 30 Prozent des Marktes. Kika/Leiner decken mit geschätzt 700 Millionen Euro Umsatz rund ein Fünftel des Bedarfs. (Verena Kainrath, 26.4.2019)