Putin und Kim haben den Tag gemütlich ausklingen lassen: Bei russischem Sekt, Borschtsch und Rindfleisch und natürlich russischen Folkloretänzen entspannten sich die beiden Staatschefs nach ihrem ersten Treffen. Rund ein Jahr lang wurde Gipfel vorbereitet. Als US-Präsident Donald Trump seinen Flirt mit Nordkorea begann, verstärkte auch Moskau seine Charmeoffensive gegenüber Kim.

Wirtschaftlich hat Nordkorea nicht viel zu bieten. Das Land hat weder Geld noch Technologien, noch Rohstoffe. Aber Pjöngjang bietet Moskau die Möglichkeit, an einer weiteren Stelle Weltpolitik zu betreiben. Und das Treffen ging zumindest äußerlich erfolgreicher zu Ende als der geplatzte Gipfel zwischen Trump und Kim Ende Februar.

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Lange Tischreden und gegenseitige Lobeshymnen gehören bei hohen Empfängen ebenso dazu wie ein Gläschen Hochprozentiges
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Zwar wurden keine verbindlichen Dokumente unterzeichnet, aber das war auch nicht erwartet worden. Zunächst ging es um das persönliche Kennenlernen. Das Tête-à-Tête der Staatschefs dauerte dann auch länger als erwartet, aus den geplanten 50 Minuten wurden fast zwei Stunden. Putin sprach anschließend von wichtigen Verhandlungen, mit deren Ergebnissen "alle zufrieden" seien. Kim lobte er als "interessanten und ideenreichen Gesprächspartner." Auch Kim fand Gefallen am Gastgeber und versprach, die russisch-nordkoreanischen Beziehungen auf ein neues Level anzuheben. Dabei ist Pjöngjang ein traditioneller Verbündeter Moskaus. Die Kim-Dynastie wurde immerhin von Stalin ins Leben gerufen, baute doch die Sowjetunion Kim Jong-uns Großvater Kim il-Sung als Staatschef Nordkoreas auf.

Einfluss von China mindern

Inzwischen hat freilich China Russland als einflussreichste Macht in Nordkorea überholt, das ansonsten wegen seiner stalinistisch angehauchten Ideologie, mehr noch aber wegen seiner aggressiven Atompolitik außenpolitisch stark isoliert ist. Wie aus einem kurz vor dem Besuch geleakten Geheimdokument hervorgeht, war ein Ziel der Kim-Visite, sich aus dieser chinesischen Abhängigkeit zu lösen.

ORF

Russland bietet sich als Nachbar und UN-Sicherheitsratsmitglied mit einer eher weichen Haltung zum nordkoreanischen Atomprogramm da als natürlicher Partner an.

Auch wirtschaftlich haben beide Seiten Interesse, wieder zueinanderzufinden. Der Handel soll von seinem derzeit bescheidenen Volumen von 34 Millionen Dollar auf eine Milliarde steigen, notfalls über ein Tauschhandel-Schema, um Sanktionen zu umgehen.

Bahn und Pipeline

Putin bestätigte aber auch im Vorfeld geäußerte Spekulationen über gemeinsame Infrastrukturprojekte. Man habe sowohl über eine Beteiligung der russischen Bahn an der Transkorea-Bahn gesprochen – mit Anschluss an die Transsib – als auch über den Bau einer Gaspipeline von Russland über Nordkorea nach Südkorea.

Wirtschaftlich macht eine Gasleitung nur Sinn, wenn das prosperierende Südkorea Hauptabnehmer des Rohstoffs wird. Doch Seoul sei politisch nicht eigenständig und müsse auf Anweisungen der USA hören, ließ sich Putin beim Treffen mit Kim zu einem Seitenhieb gegenüber Südkorea verleiten.

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2002 traf Putin – ebenfalls in Wladiwostok – den Vater des aktuellen Machthabers, Kim Jong-il.
Foto: AP Photo/Alexander Zemlianichenko

Zumindest bei Kim dürfte diese Replik gut angekommen sein. Beide Seiten schieden im besten Einvernehmen voneinander, beschenkten sich gegenseitig mit einem Säbel, und Kim bekam zusätzlich noch ein Teeglas-Set für seinen Panzerzug. Während Putin von Wladiwostok aus gleich nach China weiterreiste, wird Kim noch einen Tag länger im russischen Pazifikhafen weilen. Für den "Obersten Führer" ist ein ausgiebiges Kulturprogramm mit Ozeanariumbesuch vorgesehen. (André Ballin aus Moskau, 25.4.2019)