Der deutsche Zahlungsabwickler Wirecard will die Affäre um Unregelmäßigkeiten in Singapur abhaken und sich dem Wachstum mit seinem neuen Großinvestor Softbank zuwenden. "Wir haben alle Themen untersucht", sagte Vorstandschef Markus Braun am Donnerstag bei der Präsentation der Jahresbilanz am Firmensitz in Aschheim bei München.

Von dem in Medienberichten erhobenen Verdacht krimineller Bilanzfälschung in Asien sieht Braun den Konzern nun restlos entlastet. "Dort gab es Qualitätsmängel", räumte der Österreicher Braun zwar ein, betonte aber: "Wir haben keinerlei Anzeichen für ein vorsätzliches Handeln gefunden."

Keine groben Verfehlungen

Bestärkt sieht sich der Wirecard-Chef in seiner Einschätzung nun nicht nur von eigenen Rechtsanwälten, die die Vorwürfe in Singapur untersucht hatten, sondern auch von seinen Wirtschaftsprüfern. Ernst & Young (EY) fand bei der obligatorischen Durchsicht des Geschäftsberichts und weiterer Unterlagen keine Hinweise auf größere Verfehlungen. Die Bilanzkontrolleure erteilten dem Zahlungsdienstleister ein uneingeschränktes Testat für das Jahr 2018, wie aus dem Geschäftsbericht hervorgeht. Die "Financial Times" hatte seit Ende Jänner immer wieder über die Vorwürfe eines Wirecard-Mitarbeiters berichtet. Der Kurs der seit vergangenem Jahr im Leitindex Dax notierten Wirecard-Aktie brach in diesem Zusammenhang wiederholt ein.

Die Untersuchung der Anschuldigungen habe bei der Prüfung des Geschäftsberichts eine zentrale Rolle eingenommen, erklärten die Prüfer. EY war auch der Bericht der Rechtsanwaltskanzlei Rajah & Tann aus Singapur vorgelegen, die von Wirecard beauftragt worden war. Auf Grundlage der Erkenntnisse daraus hatte das Unternehmen den Umsatz um 1,5 Mio. Euro nach unten korrigiert – von rund 2 Mrd. Euro insgesamt.

Weitere Investitionen

"Wir sind ein Wachstumsunternehmen", sagte Braun, unter dessen Führung Wirecard seit Jahren Umsätze und Gewinne um zweistellige Prozentzahlen steigert. "Ich glaube, wir haben sehr viele Stärken, aber wir sind nicht fehlerfrei", sagte Braun. "Machen wir jeden Tag auch Fehler? Mache auch ich Fehler? Natürlich!" Entscheidend sei aus seiner Sicht, daraus zu lernen. Wirecard werde deshalb die internen Qualitätskontrollen deutlich verbessern. "Wir werden in diese Bereiche auch in den nächsten zwei Jahren überproportional investieren." Die Zentrale in Aschheim soll den Durchgriff auf die Töchter im Ausland verstärken, die der Konzern vielfach in den vergangenen Jahren hinzugekauft hatte. Hier habe Wirecard Nachholbedarf.

Braun wiederholte sein Credo, sich von Anfeindungen und Aktienkursschwankungen nicht aus der Spur bringen zu lassen. "Wir lassen uns nicht vom operativen Geschäft abhalten", sagte der Vorstandschef, der mit einem Aktienpaket von sieben Prozent auch größter Aktionär des Konzerns ist. Auch die Attacken von Investoren, die mit sogenannten Leerverkäufen auf fallende Kurse wetten, nehme er hin. "Man muss sich dem Markt stellen", sagte Braun. "Ich bin gern an der Börse."

Braun äußerte sich nicht näher zum Geschäftsverlauf im ersten Quartal, bekräftigte aber seine Wachstumserwartung für das laufende Jahr. Der Betriebsgewinn werde auf 740 bis 800 Mio. Euro steigen. Für 2018 sollen die Aktionäre 20 Cent Dividende je Aktie erhalten, um 2 Cent mehr als für 2017. Grundlage der Erhöhung ist ein Anstieg des Nettogewinns im vergangenen Jahr um 36 Prozent auf 347 Mio. Euro.

Singapur schlägt auf Bilanz

Wirecard hatte bereits im Jänner vorläufige Zahlen für 2018 veröffentlicht. Die Vorlage der endgültigen Bilanz, die Wirecard traditionell ohnehin später vorlegt als andere Unternehmen, verzögerte sich dann noch wegen der Aufklärung der Singapur-Affäre. Nach den nun vorliegenden Zahlen stiegen Betriebsergebnis und Umsatz etwas weniger stark als seinerzeit angegeben. Ein Grund für die Ergebnisbelastung waren nach Konzernangaben die Kosten für die Untersuchungen in Singapur. Der Umsatz wuchs nach endgültigen Daten um 35 Prozent auf 2 Mrd. Euro. Der Betriebsgewinn (Ebitda) kletterte um 37 Prozent auf 560 Mio. Euro.

Der am Tag vor der Bilanzvorlage angekündigte Einstieg des japanischen Technologieinvestors Softbank bei Wirecard soll Braun zufolge nicht den Weg zu einer Übernahme des Zahlungsdienstleisters ebnen. Wirecard verspreche sich von der Partnerschaft hauptsächlich Hilfe bei der Expansion in Japan und Südkorea. "Das ist ja genau die Pointe", sagte Braun. Softbank habe aber Wert darauf gelegt, in einem ersten Schritt auf mehr als fünf Prozent an Wirecard zu kommen. Die Japaner wollen eine über fünf Jahre laufende Wandelanleihe für 900 Millionen Euro zeichnen, die frühestens nach 40 Tagen in 5,6 Prozent der Wirecard-Aktien getauscht werden kann. Wofür Wirecard das Geld verwenden wolle, werde er auf der Hauptversammlung erklären. (APA, 25.04.2019)