Harald Vilimsky, EU-Parlamentarier der FPÖ und für die EU-Wahl auch Spitzenkandidat der Freiheitlichen, begründete die Enthaltung zum Abbiegeassistenten damit, dass in dem Paket auch andere Maßnahmen enthalten waren, die die FPÖ nicht unterstützt. Aber: "Im Ausschuss haben wir alles rund um den Abbiegeassitenten unterstützt."

Brüssel/Wien – Wie erwartet hat das Plenum des EU-Parlaments vor wenigen Tagen die Lkw-Abbiegeassistent-Verpflichtung beschlossen. Allerdings ohne die Stimmen der FPÖ. Das ist insofern kurios, weil sich Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) vor wenigen Wochen noch über die ersten Weichenstellungen im Binnenmarktausschuss des Europaparlaments freute.

Anfang des Jahres lehnte Hofer eine Verpflichtung in Österreich ab und begründete dies mit EU-Vorgaben – es könne keine Alleingänge geben, die EU werde diesbezüglich bald eine Entscheidung treffen, wie die Plattform FPÖ Fails auf Twitter anmerkte.

Was der Abbiegeassistent bringen soll

Die Systeme sollen Lastwagenlenker auf Fußgänger und Radfahrer im toten Winkel aufmerksam machen. Sobald das Gesetz endgültig formell beschlossen ist, gilt eine 30-monatige Frist für die Hersteller. Ende 2021 werden nur mehr Lkw genehmigt, die einen Abbiegeassistenten eingebaut haben.

Wieso hat die FPÖ nun nicht mitgestimmt? Das EU-Verkehrssicherheitspaket beinhalte auch andere Aspekte – eine automatische "Tempolimit-Sperre", sowie eine "Alkoholwegfahrsperre" – welche die FPÖ nicht unterstütze, betonte der blaue EU-Abgeordnete und Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Harald Vilimsky, auf Twitter. Im Ausschuss habe man alles rund um den Abbiegeassistenten unterstützt, fügte er hinzu.

Trotz der Enthaltung der freiheitlichen Fraktion wurde das Gesetzespaket angenommen. Es sieht vor, Herstellern ab Mai 2022 vorzuschreiben, Alkohol-Wegfahrsperren und Sensoren zur Müdigkeitserkennung einzubauen. Zudem sollen technische Systeme, etwa Kameras und Messfühler zum Rückwärtsfahren sowie Datenrekorder für Unfälle installiert werden.

Technik soll Zahl der Verkehrstoten senken

2018 gab es laut EU-Kommission rund 25.100 Verkehrstote auf Europas Straßen. Die Hightech-Fahrhilfen, der Vorschlag dafür wurde letztes Jahr vorgelegt, sollen helfen, diese Zahlen stark zu verringern. In Brüssel wünscht man sich bis zum Jahr 2038 rund 25.000 Verkehrstote und 140.000 schwere Verletzungen weniger. 90 Prozent aller Unfälle würden auf menschliches Versagen veranlasst, glauben EU-Experten.

Am Anfang der Debatte über den Abbiegeassistenten in Österreich stand ein furchtbarer Unfall: Ende Jänner wurde der neunjährige Henry auf dem Weg zur Schule von einem Lkw erfasst, als er einen Zebrastreifen vor seiner Schule überquerte. Er stirbt im Spital an seinen Verletzungen, der Lkw-Fahrer soll ihn aufgrund des toten Winkels übersehen haben. Eine Welle des Mitgefühls, aber auch der Empörung entsteht – zehntausende unterzeichnen eine Petition für den Abbiegeassistenten. Henrys Vater ist Redakteur bei der Wochenzeitung Falter.

Falter-Chefredakteur mit Kritik

Florian Klenk, Chefredakteur des Falters, wollte nun von der FPÖ wissen, warum man diesen zusätzlichen Maßnahmen nicht zustimmt und sich somit bei der Abstimmung zu "Sicherer Straßenverkehr: Lebensrettende Technik für Fahrzeuge" enthielt: Die anderen beiden Aspekte würden für die Freiheitlichen eine "Entmündigung der Autofahrer" und einen "zu starken Eingriff in die Freiheit der Bürger" bedeuten.

Klenk kritisiert in einem Facebook-Posting: "Die FPÖ, die immer für die "Sicherheit der Bürger" eintritt, verzichtet auf die Sicherheit jener, die durch Besoffene und Raser verletzt oder getötet werden. Im Namen der Freiheit jener, die besoffen oder zu schnell fahren." Verstehen könne das Klenk nicht. (lhag, 20.4.2019)