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Die FMA ist gleich schräg gegenüber der Nationalbank daheim – die Übersiedlung der Aufseher und Aufsichtsagenden von da (OeNB) nach dort (FMA) wird trotzdem ein harter Weg werden.

Foto: Alex Halada / picturedesk.com

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Der Umbau der österreichischen Aufsichtsarchitektur stand seit längerem fest – die Details sorgen nun aber doch für Aufregung. Die Aufsichtsagenden werden in der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA zusammengezogen, diese wird künftig von einem Alleinvorstand geführt.

Der scheidende Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny (SPÖ; er ist bis September im Amt), sieht die Reform kritisch und spricht von "offensichtlicher Umfärbung". Die Tendenz, wichtige Institutionen nur mit einem Vorstand zu besetzen, widerspreche allen modernen Managementüberlegungen und stelle auch ein "nicht unerhebliches operationelles Risiko" dar, meinte der OeNB-Chef am Dienstag im Gespräch mit dem STANDARD in New York.

Entwurf in Begutachtung

Dort hatte tags zuvor Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) den Gesetzesentwurf, durch den die Aufsichtsagenden und Aufseher der OeNB in die FMA transportiert werden, zur Begutachtung geschickt. Seither ist klar, dass auch die FMA umgebaut wird: Statt des Zweiervorstands werden ein Alleinvorstand und drei Exekutivdirektoren installiert. Klaus Kumpfmüller (ÖVP) bleibt im FMA-Vorstand, Helmut Ettl (SPÖ) wird per Gesetz am 31. Dezember abberufen. Beider Verträge wurden erst im Februar 2017 verlängert und laufen bis Februar 2023.

Diesen Schritt hält Nowotny für "sehr außergewöhnlich und problematisch", er kenne keinen Fall, in dem ein Vorstandsmitglied per Gesetz aus einem laufenden Vertrag abgezogen wurde. "Das heißt, dass man einige Jahre weiterbezahlen muss."

Keine Umfärbung

Eine Umfärbeaktion der türkis-blauen Regierung bestritt der Finanzminister, er schätze Ettls Expertise sehr, wie er erklärte. Dass der FMA-Vorstandsdirektor, der aus der OeNB kommt und ein Rückkehrrecht dorthin hat, gerade auf Urlaub war, als die Reformdetails publikgemacht wurden, versuchte der Minister so zu entschärfen: Er habe mit Ettl "ein persönliches Telefonat aus Washington (Weltbank-Tagung, Anm.) heraus" geführt und ihn über die neue gesetzliche Grundlage informiert. Und, so Löger in der ZiB 2 des ORF: "Ich habe ihm zugesagt, dass wir in den nächsten Tagen nach meiner Rückkehr aus New York das Gespräch suchen werden, um seine Entscheidungen auch im Rahmen seiner Zukunft zu treffen." Ettls Ansprüche werde man wahren. Die Vorstandsmitglieder verdienen brutto 260.000 bis 270.000 Euro im Jahr.

Effizienz und Einsparung

Die Entscheidung, die Aufsichtsagenden von der OeNB in die FMA zu verlagern, verteidigte Löger einmal mehr. Man erwartet sich Effizienzsteigerungen und Einsparungen gleichermaßen, die Aufsicht werde gestärkt.

Allerdings: Die Arbeitsgruppe, die das Ministerium einst für die Erarbeitung verschiedener Reformmodelle beschäftigt hatte, hat Modell 4 (Transfer in die FMA) gerade nicht empfohlen. Grund: die "Mentalreservation" der Beteiligten. Der Wiener Professor für Banking and Finance Stefan Pichler war denn "sehr überrascht, dass das Modell gewählt wurde, das nicht empfohlen worden ist". Er betont aber, dass er die Argumente der Regierung nicht kenne.

Verteidigen muss der Finanzminister vor allem die künftige Führungsstruktur der FMA. Kritiker sehen durch das Installieren eines Alleinvorstands das Vier-Augen-Prinzip verletzt. Im Finanzministerium bestreitet man das: Das Gesetz sehe vor, dass "der Vorstand" immer nur mit einem der Exekutivdirektoren gemeinsam entscheiden könne.

Deutsche Aufsicht ist anders

Der vom Finanzminister gezogene Vergleich mit der Organisation der deutschen Aufsichtsbehörde Bafin hinkt aber trotzdem. Zum einen ist die Bafin dem deutschen Finanzministerium nachgeordnet, das ist die FMA als weisungsfreie Behörde nicht. Zum anderen wird die Bafin von einem kollegial geführten Direktorium geleitet, das aus einem Präsidenten und fünf Exekutivdirektoren besteht. Das Gremium entscheidet laut Geschäftsordnung "nach Möglichkeit" einstimmig. Klappt das nicht, reicht die einfache Mehrheit, bei Stimmengleichstand hat der Präsident ein Dirimierungsrecht, dann gibt also seine Stimme den Ausschlag.

Dass das FMA-Modell, in dem der Vorstand mit einem Exekutivdirektor entscheidet, mit dem Bafin-Modell also nur bedingt vergleichbar ist, räumt ein Sprecher des Finanzministeriums ein. Von einem Kollegialorgan wie in Deutschland könne man beim FMA-Chefgremium nicht sprechen. Involvierte aus der Aufsichtsbranche weisen darauf hin, dass der künftige FMA-Vorstand ja auch eine Geschäftsordnung bekommen könne.

Einblick in alle Konten

Mit Kritik hat sich, neben Neos und SPÖ, auch der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) eingestellt. Er weiß um die Wichtigkeit der Aufsicht quasi aus eigener Erfahrung: Die damalige Gewerkschaftsbank Bawag ist 2006 fast umgefallen und war Intensivpatient der Aufsicht. Das neue Aufsichtsmodell werde dazu führen, "dass die Banken ihren Risikogeschäften ungestört nachgehen können", heißt es in einem Papier des ÖGB. Dessen Präsident, Wolfgang Katzian, geht noch einen Schritt weiter. "Der Alleinvorstand der FMA könnte künftig in alle Konten (...) jedes Österreichers reinschauen, alle wichtigen Checks and Balances werden beseitigt", fürchtet er. Das kann man so aber nicht sagen. Schon jetzt kann jeder FMA-Aufseher im Rahmen seiner Tätigkeit in Konten Einschau nehmen. Das Bankgeheimnis gilt nicht, das geht sozusagen im Amtsgeheimnis auf.

Interessant und weitgehend untergegangen ist die Tatsache, dass sich der Staat künftig mehr Geld aus der OeNB holen wird. Die Ausschüttungsquote aus dem OeNB-Gewinn steigt von 90 auf 95 Prozent. Das greift in den Augen von OeNB-Chef Nowotny in die finanzielle Unabhängigkeit der OeNB ein, "das wird auch die EZB zu beurteilen haben". (Renate Graber, Andreas Schnauder, 16.4.2019)