Wien – Menschen, die wegen psychischer Erkrankungen, Suchtkrankheiten oder wegen einer intellektuellen Beeinträchtigung eine Lernschwäche haben, werden mit der neuen Sozialhilfe deutlich schlechter gestellt werden, warnen Interessenvertreter. Das neue Modell, das an die Stelle der Mindestsicherung treten soll, sieht nämlich vor, dass Sozialhilfebezieher mindestens einen Pflichtabschluss auf Deutsch absolviert haben müssen, für Ausländer gilt eine Sprachtestpflicht.

300 Euro weniger

Wer diese Nachweise nicht erbringen kann, dem droht eine empfindliche Kürzung der Sozialhilfe: Statt 885 Euro pro Monat gibt es nur noch 585 Euro, also 300 Euro weniger. Für Menschen mit Behinderungen sieht der Gesetzesentwurf eine Ausnahme vor. Anders bei Menschen mit Lern- oder Leseschwäche: Sie fallen laut Erläuterungen ausdrücklich nicht darunter – selbst dann, wenn ihre Beeinträchtigungen "einen erfolgreichen Spracherwerb womöglich erschweren". Das sorgt bei Interessenvertretern für Kritik. Die Ausnahmeregelung treffe psychisch Kranke, aber auch Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, die nicht als invalid anerkannt sind, besonders hart, so die Kritik von Vertretungsnetz und Monitoringausschuss.

Dazu kommt, dass der vorgesehene Zuschlag für Menschen mit Behinderungen in Höhe von rund 160 Euro ebenfalls bestimmte Gruppen ausschließt: Nur Betroffene mit einer mindestens 50-prozentigen Behinderung erhalten Zugang. Psychisch Kranke hätten es schwerer, sich einen solchen Behinderungsgrad bescheinigen zu lassen, kritisiert Christian Aigner vom Vertretungsnetz. (Maria Sterkl, 17.4.2019)