Wie fand das Osterfest das Ei?

Zur Tradition der Ostereier gibt es verschiedene Theorien. Sicher ist, dass das Ei als Symbol schon weitaus länger existiert als in christlichen Traditionen. Funde zeigen, dass Straußeneier schon vor 60.000 Jahren als Schüsseln genutzt und verziert wurden – nicht nur zu rituellen Zwecken, sondern vermutlich auch aus praktischen Gründen wie etwa zur Besitzkennzeichnung.

Das Ei ist als Ursprung des Lebens in vielen Kulturen bekannt. Zahlreiche Schöpfungsgeschichten beginnen mit der Entstehung des Universums aus einem mythologischen "Weltenei". Über das Schlüpfen des Kückens, das für den Beginn neuen Lebens aus einem vermeintlich leblosen Objekt steht, fand es auch Einzug in das Christentum.

So wurde das Ei als Symbol der Auferstehung in die christlichen Bräuche übernommen. Seit dem 12. Jahrhundert ist das Segnen von Eiern zu Ostern bekannt. Etwas später dürfte laut Überlieferungen das Färben aufgekommen sein, wobei insbesondere rot gefärbte Eier das Blut Christi symbolisieren sollen. Dazu kommt, dass Eier in der Fastenzeit nicht gegessen werden durften. Sie wurden also gekocht, um sie haltbar zu machen, und gefärbt, um sie zu kennzeichnen und von frischen Eiern unterscheiden zu können.

Bunt gefärbte Ostereier haben sich mit dem Christentum weit verbreitet, besonders in Osteuropa sind viele Traditionen zum aufwendigen Färben und Verzieren entstanden. Beim slawischen Brauch des Eierkratzens etwa werden detaillierte Motive in gefärbte Eier geritzt. Diese Tradition hat auch die österreichische Minderheit der Burgenlandkroaten (siehe Bild) bis heute am Leben erhalten.

Anmerkung am Rande: Aufmerksamkeit erfährt das Eierkratzen manchmal übrigens auch vom Fernsehen, die Anmoderation so eines Beitrags kann allerdings zu absehbaren Schwierigkeiten führen.

Foto: APA/ROBERT JAEGER

Wie bunt sind die Ostereier der Natur?

Die Farbe der Eier hat bekanntlich nichts mit dem Gefieder der zugehörigen Henne zu tun. Ob weiß oder braun, ist genetisch bedingt und bei reinrassigen Hühnern an der Farbe der Ohrläppchen erkennbar. Auch in der Natur sind die meisten Eier zur Tarnung unauffällig bräunlich gefärbt, in Höhlen brütende Vögel können auf diese Vorsichtsmaßnahme verzichten und legen oft weiße Eier. Zur Farbe von auffälligeren Eiern gibt es verschiedene Theorien: Sie könnte etwa Eierräuber abschrecken oder als Fitnessindikator dienen, der anzeigt, dass gesündere Weibchen stärker gefärbte Eier legen.

"Gemalt" wird mit zwei Pigmenten: Protoporphyrin für eine rot-braune Farbe und Biliverdin für Blau-Grün, beide sind übrigens biochemisch mit dem Hämoglobin des Blutes verbunden. Kombinationen daraus ergeben das ganze Farbspektrum der Eier in der Natur.

Dieses ist auf den ersten Blick überraschend vielfältig: Sogar manche Hühnerrassen legen grüne, blaue oder tiefbraune Eier. Die grün marmorierten Eier von Emus erinnern an Damaszener Stahl, und auch das Hellblau der Wanderdrossel stellt jedes industriell gefärbte Ei in den Schatten. Der Kuckuck, der bekannte Outsourcer seiner Brutverpflichtung, passt seine Eier wiederum verblüffend genau an jene der unfreiwilligen Pflegeeltern an.

Für einen möglichst bunten Osterkorb lohnt zudem der Blick zu den Steißhühnern. Diese südamerikanischen Verwandten der Laufvögel legen mit all ihren Unterarten die vielleicht schönsten Eier der Vogelwelt (im Bild eine kleine Auswahl). Von glänzend braun bis knallgrün, türkis bis weinrot ist hier der ganze Regenbogen vertreten.

Foto: Paul Fetters/Smithsonian Institution

Welches Ei gewinnt beim Eierpecken?

Die Schale eines Hühnereis besteht zu 95 Prozent aus Calciumcarbonat, also Kalk. Damit wäre sie hart und fest, aber zu spröde, deshalb vernetzen quer durcheinander angeordnete Proteine die Schale und verleihen die nötige Stabilität. Sie muss auf der einen Seite hart genug sein, damit sie beim Brüten nicht zerbricht, und andererseits dünn genug, um über Poren Sauerstoff hinein bzw. später das Kücken hinauszulassen.

Zu diesem Zweck hat die Evolution einen geradezu genialen Trick entwickelt, mit dem sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: Das Kalzium wird im Laufe des Brütens aus der Schale gelöst und zum Knochenaufbau des Kückens genützt. Dieses kann wachsen, und gleichzeitig wird die Schale von innen immer dünner und so das Schlüpfen erleichtert.

Das Wissen über den Aufbau hilft auch bei der österlichen Tradition des Eierpeckens. An den Enden ist die Schale dicker und auch aus physikalischen Gründen schwerer zu zerbrechen als an gegenüberliegenden flachen Stellen. Regeltechnische Freigeister werden hier einwenden, dass man leichter gewinnt, wenn man das gegnerische Ei nicht zentral, sondern etwas seitlich trifft, aber bleiben wir im Rahmen der (ungeschriebenen) Gesetze.

Man weiß, dass die Eierschalen von jungen Hennen härter sind als von älteren. Das liegt daran, dass mehr Proteine enthalten sind, die die Kalziumkristalle verbinden. Sie sind meist auch kleiner, während ältere Eier größer und blasser sind. Wer also unbedingt gewinnen will, sollte beim Bauern seines Vertrauens Eier von jungen Hennen kaufen, idealerweise gefüttert nach einem kalziumreichen Ernährungsplan.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Gleicht wirklich ein Ei dem anderen?

So vermeintlich eindeutig die Beschreibung "eiförmig" auch ist, so unterschiedlich stellen sich die Eiformen verschiedener Vogelarten in der Natur tatsächlich dar. Wissenschafter haben dazu viele Theorien entwickelt, etwa dass Arten, die auf Felsklippen brüten, eher asymmetrische, kegelförmige Eier haben sollten, die in engen Kreisen rollen und damit nicht so leicht abstürzen. Ein Straußenei in der flachen Savanne könnte dagegen runder sein, weil die Absturzgefahr denkbar gering ist.

Erst vor kurzem haben Forscher diese und andere Theorien auf die Probe gestellt. Dazu beurteilten sie die Eier von 1400 Vogelspezies anhand zweier Schlüsselparameter: Elliptizität, also wie länglich die Eier sind, und Asymmetrie, also wie spitz ein Ende gegenüber dem anderen ist. Dabei kam heraus, dass die Eiform von der Flugfähigkeit der Vögel beeinflusst wird. Je kräftiger der Flug eines Vogels, desto elliptischer und asymmetrischer seine Eier.

Ein guter Flieger benötigt schließlich einen stromlinienförmigen Körper, und dadurch ist der Platz für das Ei im Weibchen begrenzt. Ein längeres Ei gibt dem Kücken mehr Raum zu wachsen, während der maximale Querschnitt gleich bleibt. Das Ei des gewöhnlichen Huhns bzw. seines wilden Vorfahrens ist elliptisch, aber relativ symmetrisch und damit typisch für schlechte Flieger.

Eine Ausnahme bestätigt hier tatsächlich die Regel, denn das asymmetrische Ei des flugunfähigen Pinguins würde eher auf einen starken Flieger deuten. Pinguine "fliegen" aber sozusagen durch das Wasser – ihr Schwimmstil erfordert damit ebenfalls einen stromlinienförmigen Körper. (Markus Plank, 20.4.2019)

Foto: The Museum of Vertebrate Zoology at Berkeley/FRANS LANTING