Max Zirngast wurde im Dezember auf freien Fuß gesetzt. Seither wartet er auf seinen Prozess. Bis zur Urteil könnten Jahre vergehen.

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Heute, Donnerstag, begann der Prozess gegen den österreichischen Journalisten Max Zirngast und drei Mitangeklagte in Ankara. Und wurde dann auch gleich wieder auf 11. September vertagt. Der 30-Jährige ist unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Das ist in der Türkei ein dehnbarer Begriff.

Unter diesem Vorwurf wurden in den vergangenen Jahren zehntausende Kritiker inhaftiert. "Das ist ja kein Prozess, wie man sich das in Europa vorstellt", sagte Zirngast dem STANDARD: "Es gibt am Donnerstag einen Gerichtstermin, an dem wir uns zu den Vorwürfen äußern. Wenn alles 'normal' abläuft, dann wird es in den folgenden Monaten und Jahren noch drei, vier solcher Termine geben, bevor dann eine endgültige Entscheidung erfolgt."

Prozess gegen Max Zirngast beginnt.
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Zirngast war im Morgengrauen des 11. Septembers vergangenen Jahres in Ankara verhaftet worden. Eine Antiterroreinheit stürmte seine Wohnung und beschlagnahmte Bücher. Der damals 29-Jährige wurde daraufhin der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung beschuldigt. Nach zehn Tagen in Polizeigewahrsam wurde er in das Gefängnis Sincan in Ankara überstellt. Man warf ihm vor, in der US-amerikanischen sozialistischen Zeitschrift "Jacobin" den türkischen Präsidenten beleidigt zu haben und Kontakt zur kurdischen Terrororganisationen zu haben.

Ausreisesperre verhängt

Kurz nach Weihnachten wurde Zirngast dann auf freien Fuß gesetzt, eine Ausreisesperre wurde verhängt. Einmal wöchentlich musste er sich seitdem bei der Polizei melden, diese Meldepflicht wurde am Donnerstag aufgehoben.

"Ich versuche, mich davon nicht belasten zu lassen", so Zirngast. "Mein Leben in Ankara geht zunächst weiter wie bisher: mit Lesen und Schreiben. Nur viele Interviews kamen dazu."

Außenministerin Karin Kneissl forderte darin die Türkei auf, das Verfahren "ehestmöglich" zum Abschluss zu bringen. Die Außenministerin versicherte, Zirngast auch weiterhin die "volle konsularische Unterstützung" zukommen zu lassen.

Mit dem österreichischen Außenministerium hat Zirngast keinen direkten Kontakt, nur mit dem Konsul. "Ich habe keine besonderen Forderungen an den österreichischen Staat gestellt, freue mich aber über Unterstützung", so Zirngast.

Nicht der erste Journalist

Der Student und Journalist war 2015 in die Türkei gekommen, um Politikwissenschaft in Ankara zu studieren. Er schrieb für türkische und ausländische linke Magazine, darunter das deutschsprachige linksradikale Magazin "Re:volt", und beteiligte sich immer wieder an Demonstrationen der prokurdischen Oppositionspartei HDP.

Zirngast ist nicht der erste ausländische Journalist, der in der Türkei wegen Terrorvorwürfen inhaftiert wurde. 2017 traf dies auch die deutschen Journalisten Deniz Yücel und Mesale Tolu. Beide sind mittlerweile auf freiem Fuß und zurück in Deutschland.

Noch dramatischer ist die Lage der türkischen Journalisten. Laut der unabhängigen Journalisten-Organisation P24 sind derzeit 144 türkische Journalisten in Haft oder warten auf ihren Prozess. (Philipp Mattheis aus Istanbul, 11.4.2019)