Mönche im Nebel: Stephen O'Malley (links) und SunnO))).

Foto: Ronald Dick

Der Bühnennebel hat jetzt beim Konzert von SunnO))) den ganzen Raum gefüllt. Man sieht die Hand vor Augen nicht. Das ist ziemlich blöd. Von den Füßen her schleichen sich tief aus dem Erdinnern heraufkriechende Sub-Bass-Frequenzen ins Ohr, die parallel zu den flatternden Jeanshosen und einer mitunter Probleme hervorrufenden Muskelentspannung bald einmal den Gleichgewichtssinn stark beeinträchtigen werden.

Kennen Sie die Szene aus Wolf of Wall Street, in der Leonardo DiCaprio, vollgepumpt mit Qualudes, in Zeitlupe kriechend versucht, den Telefonhörer zu erreichen? Dabei geht es ihm noch gut, er ist wenigstens daheim und sieht etwas. Wie aber sollen wir im Konzertsaal jemals wieder nach Hause finden? Verdammt, es ist hier so laut, dass man nicht einmal die Fragen versteht, die man sich selbst stellt.

Bergrutsch, der Heavy Metal der Natur

Die US-amerikanischen Mönchskutten-Metaller SunnO))) haben gerade erst im März beim Elevate-Festival in Graz bewiesen, dass die Essenz des Heavy Metal nicht darin begründet liegt, möglichst hart auf die Kacke zu hauen und herumzubrüllen. Es geht darum, in aller Ruhe zu schauen, ob zum Beispiel in Graz der Schlossberg bei einstündiger Befeuerung mittels tiefergestimmter Gitarren tatsächlich hält. Es könnte ja auch der darunter liegenden Sackstraße und dem Hauptplatz ans Leder gehen, weil der Berg dem Schalldruck nicht standhält. Bergrutsch, der Heavy Metal der Natur.

Southern Lord Records

Das neue Album von SunnO))) nennt sich Life Metal (Southern Lord). Im Fall von SunnO))) und den beiden ständigen Mitgliedern Stephen O‘Malley und Greg Anderson sowie diversen auch nicht gerade oft umgreifenden oder auf den Sustain- und Verzerrereffekt verzichtenden Gästen wie Hildur Guðnadóttir an den Vocals und am Cello stellt dies nicht weniger als einen Lebensentwurf dar.

Zeit und Raum dehnen

Vier Stücke sind zu hören. Endlos lange Stücke. Zeit und Raum werden gedehnt. Produziert hat der von seinen eigenen Bands Big Black oder Shellac und Jobs für Jimmy Page und Robert Plant sowie Nirvana einschlägig bekannte Steve Albini streng auf analoger Gerätschaft. Eingespielt wurde live.

Albini hat nicht nur den Klang der Gitarrenverstärker aufgenommen, sondern auch die dazugehörigen Schalldruckwellen. Dies zu hören macht auch zu Hause Freude. Und die Nachbarn haben obendrein etwas davon, wenn wir uns von SunnO))) einen Scheitel ziehen lassen. (Christian Schachinger, 9.4.2019)