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Daniel Craig in der Rolle von James Bond hoch über Sölden im Tiroler Ötztal: Filme wie "Spectre", aber auch Produktionen wie "Der Bergdoktor" oder "Soko Donau" beeinflussen Touristenströme.

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Immer mehr Touristiker beginnen, das Kino zu lieben. Oder fangen an, Filme zu schätzen, die abseits der Kinoleinwand auch auf anderen Kanälen flimmern. Hauptsache, sie zeigen viel von Österreich. Die Macht der Bewegtbilder werde vielfach unterschätzt, ebenso die Tatsache, dass sich Menschen in ihrer Urlaubsplanung von Kino, TV oder Netflix inspirieren lassen, sagen Experten.

In Österreich buhlen sechs von neun Bundesländern mit eigenen Budgets um Filmproduktionen, nur das Burgenland, Oberösterreich und Vorarlberg nicht. Auf Bundesebene gibt es die FISA (Filmstandort Austria), ein Programm der Austria Wirtschaftsservice (aws), die im Auftrag des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort mit 7,5 Millionen Euro Kinoproduktionen unterstützt. Gerade aber das am stärksten wachsende Segment geht in Österreich leer aus – Streaming. Petra Nocker-Schwarzenbacher, oberste Touristikerin in der Wirtschaftskammer, ortet "viel Luft nach oben, wenn man vom Filmstandort Österreich spricht", wie sie bei einem Tourismusseminar in St. Johann im Pongau sagte.

Vor Facebook und Youtube

Es war just in St. Johann, wo Ende der 1990er-Jahre mit den Dreharbeiten für Medicopter 117 begonnen wurde. In 82 Episoden wurde der Arbeitsalltag der Flugretter erzählt. Offiziell spielte die Serie im Bayerischen Wald, die Ausgaben der Filmcrew (Übernachtung, Verpflegung, Handwerkerleistungen) kamen aber dem Salzburger Tourismusort und der Region zugute. Nocker-Schwarzenbacher: "Das war noch vor Facebook, Youtube und Instagram. Nicht auszudenken, um wie viel mehr an Umwegrentabilität so ein Dreh heute bringen würde."

Vorreiterland Tirol

Vorreiter beim Fischen nach Filmcrews war Tirol, das über die Cine Tirol seit 1998 gut 500 Produktionen in die Tiroler Bergwelt gelotst hat, darunter Teile der Drehs für den James-Bond-Film Spectre. Die Gesamtausgaben dieser 2015 entstandenen Produktion, die eine 20-minütige Österreich-Sequenz beinhaltet, beliefen sich auf 15,8 Millionen Euro. Tirol kommt im Film acht Minuten lang vor. Gedreht wurde an 31 Tagen. Rund 250 Filmschaffende aus dem In-, 600 aus dem Ausland waren involviert und sorgten zusammen für 30.000 Nächtigungen. In die Produktion von Spectre waren zudem 210 Zulieferfirmen aus Österreich eingebunden.

Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Paul und Collegen Consulting für die Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der WKO beläuft sich der Werbewert für den filminduzierten Tourismus in Österreich auf zumindest 200 Millionen Euro pro Jahr. "Das ist konservativ geschätzt", sagte Studienautor Michael Paul. Würde man den jährlichen Werbewert des Wiener Neujahrskonzertes nach derselben Methode berechnen, komme man auf 46 Millionen Euro. Studien, die auch Mehrfachausstrahlungen berücksichtigen, bezifferten den Werbewert auf 450 Millionen Euro. Paul: "Das deutet die Dimension an, die das Ganze hat."

Starke Zuwächse dank Serie

Der Bergdoktor beispielsweise habe der Region Wilder Kaiser, wo die von ORF und ZDF produzierte TV-Serie spielt, von 2008 bis 2018 rund 280.000 zusätzliche Sommergäste gebracht, ein Plus von 27 Prozent. Beim Bergdoktor habe man "nichts finanziert, nur serviciert", sagt Johannes Köck.

Der Chef der zur Tirol Werbung ressortierenden Cine Tirol Film Commission hat ein Jahresbudget von einer Million Euro. Davon stehen etwa 650.000 Euro tatsächlich für Fördermaßnahmen zur Verfügung. Neben deutschsprachigen Produktionen bemüht sich Köck verstärkt um indische und neuerdings auch nigerianische Filmproduzenten. Indien hat mit Bollywood die größte, Nigeria mit Nollywood die zweitgrößte Filmindustrie der Welt – noch vor Hollywood. Die Konkurrenz wird insgesamt härter, andere Länder setzen teils viel mehr Geld ein, um Filmcrews ins Land zu holen.

Sound of Music zieht noch immer

Ein Klassiker, was die Österreich-Rezeption im Ausland betrifft, ist Sound of Music. Der 1965 gedrehte Film über die Trapp-Familie lockt noch immer an die 350.000 Filmfans an die Originalschauplätze in Salzburg und Oberösterreich. Ein knappes Drittel der Besucher kommt laut der Studie von Paul aus den USA, 22 Prozent aus Asien, davon immer mehr aus China. Der Film, der in Österreich selbst kaum bekannt ist, war einer der wenigen aus dem Westen, die schon vor Jahren in China gezeigt werden durften. (Günther Strobl, 8.4.2019)