Apollonia: mit Lederleine gebändigt, mit Hammer und Meißel gequält. Das Gemälde entstand im Umkreis des im 15. Jahrhundert tätigen Rueland Frueauf dem Älteren

Foto: Im Kinsky / Hubert Zierhofer

Zahnarztphobikern wird das Martyrium der Apollonia wohl die Schweißperlen auf die Stirn treiben: Mit Meißel und Fäustel hatte man ihr einst die Zähne ausgeschlagen. Auf Befehl ihres Vaters, lautet eine der Überlieferungen, im Zuge der Christenverfolgung, die häufigste. Letztere inkludierte die Drohung der lebendigen Verbrennung, sofern die geweihte Jungfrau ihren Glauben nicht verleugne. Sie wählte den Scheiterhaufen.

Ihre Marter wurde seit dem Mittelalter in Kunstwerken bildlich und plastisch dargestellt, erkennbar auch an den typischen Attributen einzelner Zähne oder einer Zange. Sie war jene Heilige, die früher bei Zahnleiden angebetet wurde und bis heute die Schutzpatronin der Zahnärzte ist. Eine Darstellung aus dem 15. Jahrhundert, die seit den 1940er-Jahren in der Fachliteratur als Werk Rueland Frueaufs des Älteren gilt, war bei "im Kinsky" im April unverkauft geblieben.

Reduzierter Schätzwert

Der Einbringer hatte vermutlich gehofft, etwaige Begehrlichkeiten zu stillen, die eine dem Passauer Meister und seinem Kollegenkreis im Belvedere (November 2017 bis März 2018) gewidmete Schau geschürt haben könnte. Vergeblich. Gemessen an den von Artnet seit 1990 (4000 bis 12.000 Euro) verzeichneten Auktionsergebnissen waren die Erwartungen von 25.000 bis 50.000 Euro wohl zu ambitioniert angesetzt.

Nun dreht das Werk mit einer reduzierten Taxe eine zweite Runde auf dem Auktionsparkett (9. 4.). Es war ursprünglich Teil eines kleinen Flügelaltars, von dem vier Tafeln erhalten blieben, die 1927 über den Münchner Kunsthandel verkauft wurden. Zwei Szenen aus der Vita der Ottilie (Schutzheilige des Augenlichtes) landeten im Bestand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.

Das Apollonia-Pendant mit der Befreiung der Heiligen aus dem Feuer gelangte 1930 an das Germanische Nationalmuseum, die Kinsky-Tafel 1936/37 in den Besitz der Brüder Hans und Louis Lion. Deren Sammlung wurde von den Nationalsozialisten enteignet. Die "Zahnmarter" wurde von der Wiener Galerie L.T. Neumann an das Salzburg-Museum verkauft und 1952 restituiert. Der Verkäufer erwarb es in den 1980er-Jahren im Salzburger Kunsthandel und hofft nun auf 15.000 bis 25.000 Euro. (Olga Kronsteiner, 6.4.2019)