Gegen Ende des Konzerts tauschte Anja Plaschg die Gitarre gegen die Orgel des Konzerthauses.

Foto: apa/georg hochmuth

So sehr unterscheidet sich das Publikum, das zu Soap & Skin im Konzerthaus strömt, gar nicht von dem der Amadeus Awards. Die Journalisten sind brav gekommen, jeder, der schon mal ein Instrument in der Hand hatte, und alle, die sich sonst noch der Musikindustrie zugehörig fühlen, sitzen bereit, um einer der wichtigsten Impulsgeberinnen der jüngeren heimischen Musikgeschichte zu huldigen. Gescheit eigentlich – Soap & Skin muss schon allein deswegen nicht zum Amadeus, dem sie in diesem Jahr ihre Teilnahme verweigert hat, da die Leute ja ohnehin zu ihr kommen.

Das ausverkaufte Konzerthaus, in dem die Komponistin vor drei Jahren zuletzt gastiert hat, vermag es außerdem, den nötigen Respekt einzuflößen: Die Handys sind auf stumm geschaltet, die Münder geschlossen, niemand bewegt sich. Fünf Herren, von denen zumindest drei arbeiten, kümmern sich mit dem Ernst einer Maturakommission darum, dass Licht und Ton wirklich am Punkt sind.

Habemus Soap & Skin

Ein Knöpfchen wird gedrückt, im großen Saal steigt der Rauch auf – habemus Soap & Skin! Die Musikerin und ihr Gefolge eröffnen mit einigen Nummern des jüngsten Albums From Gas To Solid / You Are My Friend. Anja Plaschg hatte für ihr drittes Werk sehr viel einspielen lassen, ordnete dann aber doch in minutiöser Kleinarbeit wieder vor Bildschirm und Boxen neu an – Verfremdung inklusive.

Live klingen die Tracks durch die wunderbare Instrumentierung des achtköpfigen Kleinorchesters sehr viel wärmer, nur das Nötigste kommt "vom Band". Auch die wortkarge Plaschg selbst wirkt wärmer, sicherer. Völlig in sich ruhend, spielt sie hier im besten Sinne für sich selbst. Ganz am Ende des Konzerts wird sie sich doch an der Orgel des Konzerthauses gütlich tun und das Pathos, für das sie viele Jahre so bekannt war, bei Falling aufflackern lassen. Doch wirkt diese kurze dunkle Messe mehr wie eine Reminiszenz an etwas Vergangenes. So als würde Soap & Skin mit Genuss und ohne Zwang eine andere Soap & Skin performen, die sie bereits hinter sich gelassen hat.

Dramaturgie der Heilung

Es wird auch kein Zufall sein, dass Plaschg auf "Vater", den Song, der ihrem verstorbenen Vater gewidmet ist, mit Italy und Heal zwei Nummern des neuen Albums folgen lässt, die Heilung zum Thema haben. Selbst wenn sie sich nach einer Reihe großartiger und bereits bekannter Covers wie Voyage, Voyage oder Me and the Devil an Lana Del Reys dunkle Hymne Gods & Monsters wagt, unterschlägt sie dabei geflissentlich Textzeilen wie "I'm living like Jim Morrison".

Das Konzept von "live fast, die young", verkörpert durch den früh verstorbenen Sänger der Doors, scheint Plaschg nicht verherrlichen zu wollen. Als Zugabe gibt sie ihre Version von What A Wonderful World zum Besten. Heute wird nicht gestorben. Heute ist ein guter Tag. (Amira Ben Saoud, 4.4.2019)

Termin: 13.9.2019, Arena Wien