Der Ex-Kulturmanager Thomas Drozda wechselte quasi als Quereinsteiger in die Politik.

Foto: Heribert Corn

Max Lercher wurde in der Sozialistischen Jugend sozialisiert.

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Es gibt diesen Mann in der SPÖ, der außerhalb der Partei schon wieder fast vergessen ist, den aber über sämtliche Lager hinweg fast alle Genossen schätzen. Er heißt Max Lercher. Zehn Monate lang war er roter Bundesgeschäftsführer. Christian Kern hatte ihn geholt, nachdem Georg Niedermühlbichler endgültig über die Silberstein-Affäre gestolpert war.

In seiner Zeit an der Spitze der Sozialdemokratie legte Lercher ein paar unspektakuläre Medienauftritte hin. Der 32-Jährige ist weder ein großer Charismatiker noch ein brillanter Redner – der Steirer bellt sogar, wenn er Hochdeutsch spricht. Aber fragt man einen Sozialdemokraten nach Lercher, bekommt man in der linksintellektuellen Sektion Acht wie von Vertretern des rechten Flügels die gleiche Antwort: Der Max sei super.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte ihn abgesägt, als sie vergangenen Herbst die Partei übernahm – um ihren Vertrauten Thomas Drozda zum Bundesgeschäftsführer zu machen. Seither ist Lerchers einzige politische Funktion seine Tätigkeit als SPÖ-Vorsitzender der Obersteiermark West. Im Hintergrund wird er in der Partei aber wohl auch in Zukunft wieder mitmischen.

Digitale Kampagnen

Denn seit Jänner ist Lercher Geschäftsführer der Leykam Medien AG – ein uraltes steirisches Unternehmen, das mehrheitlich der Landes-SPÖ gehört und in den vergangenen Jahren massiv ins Straucheln geraten ist. Lercher hat nun das Geschäftsfeld erweitert und ein paar Genossen abgeworben, die jetzt für ihn arbeiten. Sein Steckenpferd, wie er im Gespräch mit dem STANDARD erzählt: digitales Campaigning.

In den EU-Wahlkampf der SPÖ ist Leykam zwar nicht inhaltlich involviert, eine Tochterfirma übernimmt aber einige Aufgaben im Eventmanagement – etwa die Organisation des Themenrats, eines kleinen Parteitags kommenden Samstag, bei dem über das EU-Programm abgestimmt wird.

Lercher sagt, auch NGOs und die "Zivilgesellschaft" könnten zu seinen Kunden zählen, aber "wenn ich von der Partei gebraucht werde, stehe ich natürlich mit meiner Expertise zur Verfügung". Man werde sehen, wie es sich entwickelt. Jedenfalls wolle er gemeinwohlorientiert wirtschaften und "sicher kein Turbokapitalist" werden.

Rote Antipoden

Vom Typ her ist Lercher das Gegenteil Drozdas. Er wuchs auf dem Land und in der Sozialistischen Jugend auf; Drozda wurde in roten Kabinetten sozialisiert und verdiente dann sein Geld als Kulturmanager in Wien. Lercher bezeichnet sich selbst als Proleten, Drozda gilt in der Partei als blasiert. Sozialdemokraten sagen, seit Lercher weg sei, fehle an der Parteispitze jemand, der die SPÖ versteht.

Lercher selbst nimmt seinen Rausschmiss betont gelassen: Es sei Rendi-Wagners "gutes Recht" gewesen, ihr Team neu zusammenzustellen. Warum die SPÖ-Chefin Drozda installieren wollte, ist nachvollziehbar: "Als Parteichef muss man seinem Geschäftsführer blind vertrauen können. Das ist in den Ländern genauso wie im Bund", sagt Tirols SPÖ-Vorsitzender Georg Dornauer im STANDARD-Gespräch. Und Rendi-Wagner – die erst einen Tag bevor sie 2017 Gesundheitsministerin wurde, der SPÖ beitrat – hat in der Sozialdemokratie keine langjährigen (Partei-)Freunde: außer eben Drozda.

Warum nicht beide?

Was in der SPÖ dennoch viele nicht verstehen: Warum Rendi-Wagner nicht einfach Lercher als jenen Geschäftsführer behielt, der für internes Management zuständig ist, während Drozda die Kommunikation nach außen übernehmen hätte können – die SPÖ hatte schließlich schon oft zwei Bundesgeschäftsführer.

Julia Herr, Chefin der Sozialistischen Jugend und Listensechste für die EU-Wahl, hält die Arbeit an der Basis, wie Lercher sie betrieben hat, für enorm wichtig: "Wir brauchen jemanden, der die Orts- und Bezirksparteien politisiert, damit wir am Stammtisch wieder die Leute überzeugen", sagt sie.

"Ich weiß nicht, ob Thomas Drozda schon jemals eine kleine Ortspartei besucht hat", ätzt ein anderer Genosse. Tirols SPÖ-Chef Dornauer erwidert: "Die Landesorganisationen müssen sich schon selbst darum kümmern, ihre Leute zu mobilisieren." Er attestiert Drozda eine "selten angenehme und konstruktive Art".

Politischer Aschermittwoch

Lercher veranstaltete im März in Judenburg den ersten roten politischen Aschermittwoch. FPÖ und ÖVP servieren an diesem Tag schon lange Hering, Bier und markige Reden. Von der Parteispitze stand niemand auf Lerchers Gästeliste. Es sei ein regionales Event gewesen, sagt er. Kommendes Jahr wolle er aber breiter einladen. (Katharina Mittelstaedt, 1.4.2019)