Ein nackter tätowierter Erwachsener auf einem rosa Kindertopferl, eine junge Frau, der selig schlafend der Sabber aus dem Mund rinnt, oder ein junger Mann, der mit Lätzchen und vollgeschmiertem Gesicht voller Karottenbrei mürrisch in die Kamera schaut: Mit diesen unerwarteten und absurden Bildern will die Bloggerin Toyah Diebel Bewusstsein unter Eltern und Bezugspersonen von Kindern dafür schaffen, in welchen privaten Situationen sie Fotos der Kinder ins Netz stellen.

Foto: Delia Baum

Bewusstsein schaffen

Dafür haben sie und der Schauspieler Wilson Gonzalez Ochsenknecht sich in Posen fotografieren lassen, die sonst nur von Kindern gezeigt werden. Eine Frage soll zum Nachdenken bringen: "So ein Bild von dir würdest du nie posten? Dein Kind auch nicht." Denn am Klo sitzend, nackt, verzweifelt oder schlafend stellen sich Erwachsene normalerweise nicht in sozialen Netzen dar. Das Projekt will auf die Persönlichkeitsrechte der Kinder aufmerksam machen. Denn als süß empfundene Baby- und Kinderfotos können jungen Erwachsenen später Probleme bereiten, und ihre Zustimmung können sie beim Veröffentlichen noch nicht geben. Die Entscheidung wird ihnen von ihren Eltern abgenommen.

Die Bloggerin kritisiert auch Eltern, die ihre Kinder für Werbezwecke inszenieren.
Foto: Delia Baum

"Ich werfe nicht allen Eltern bewusstes fahrlässiges Verhalten vor, aber genau das ist das Problem. Oft fehlt es an Medienkompetenz und Weitsicht, was achtlos gepostete Bilder der eigenen Kinder anrichten oder wozu sie missbraucht werden können", erklärt Toyah Diebel auf der Website deinkindauchnicht.org. Getoppt werde das nur von Eltern, die ihre Kinder für ein paar Likes oder Euro inszenieren und vermarkten und das Ganze dann als großen Spaß fürs Kind verkaufen wollen.

Kritisiert von Eltern

Ursprünglich hatte die Bloggerin aus Spaß Kinderfotos aus sozialen Netzen kopiert und ihr Gesicht auf ihrem Instagram-Account hineinkopiert. Dafür wurde sie auch angefeindet, ihr Account war eine Zeitlang gesperrt. "Wer wird schon gerne kritisiert, gerade wenn es um die eigenen Kinder geht. Mir wird auch gerne vorgeworfen, ich dürfe bei dem Thema nicht mitreden, weil ich kinderlos bin. Ich war aber überraschenderweise mal ein Kind und weiß sehr wohl, welche Bilder ich von mir selbst nicht online sehen wollen würde", sagt Diebel im Gespräch mit dem STANDARD. Außerdem müsse man keine Kinder haben, um zu wissen, wann Persönlichkeitsrechte verletzt werden.

Foto: Delia Baum

Wer sein nacktes Kind poste, solle sich darüber bewusst sein, dass zu dieser Welt auch Menschen gehören, die das Bild mehr als süß finden werden. Wer sein Kind unbedingt posten wolle, solle sich vorher immer fragen, aus welchem Antrieb er das tut. Braucht man wirklich die Anerkennung fremder Menschen und deren Bestätigung, dass das eigene Kind süß ist? Diese und ähnliche Frage sollten sich Eltern stellen, bevor sie Fotos ihrer Kinder posten, meint Diebel.

Auf der Website der Kampagne können Erwachsene nun Fotos posten und ihren Followern zeigen, wie sie sich normalerweise nie im Internet zeigen würden: etwa an einer Brust saugend mit einem Milchrinnsal am Kinn. (adem, 26.3.2019)

Foto: Delia Baum