Die Yara Birkeland soll nicht nur autonom navigieren, sie soll am Produktionsstandort auch vollautomatisch beladen werden.

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Die Yara Birkeland in klein: 2017 wurde ein voll funktionsfähiges Sechsmetermodell des autonomen E-Frachters präsentiert, das Testzwecken dient.

Foto: Yara International ASA / Ole Martin Wold

Von Weltrekorden bei der Nutzung von Elektrofahrzeugen bis hin zu Plänen, auch bei Kurzstreckenflügen auf Elektroantrieb zu setzen – Norwegen, nebenher auch Ölproduzent, hat sich ganz der emissionsfreien Mobilität verschrieben.

Nachdem das Land der Fjorde auch eines der Schifffahrt und der Fähren ist, gibt es dort auch erste Versuche, den Elektroantrieb auf das Wasser zu bringen. 2020 soll hier ein emissionsfreies, vollkommen elektrisch betriebenes Containerschiff in See stechen. Bis 2022 soll es zudem schrittweise auf einen vollautonomen Betrieb umgestellt werden. Der selbstständig navigierende Elektrofrachter wäre der Erste seiner Art.

Der Bau des Transporters geht allerdings nicht von einem Frächter oder einer Reederei aus, sondern von einem Produktionsbetrieb mit besonderen logistischen Bedürfnissen: Das norwegische Unternehmen Yara stellt am Standort Porsgrunn – der Ort liegt etwa 160 Kilometer von Oslo entfernt an der Südküste des Landes – Düngemittel her und bringt sein Produkt mit Lkws zu den nahegelegenen Häfen in Brevik und Larvik, wo es in alle Welt verschifft wird.

Das sind zwar nur ein paar Dutzend Kilometer, doch bei den großen Volumina, die transportiert werden, kommen im Jahr 20.000 Container, also 40.000 Fahrten, zusammen – mehr als hundert pro Tag.

Betrieb ohne Mannschaft

Bei Yara beschloss man, die Lkw-Transporte aufs Schiff zu verlagern. Mit der Frage nach mehr Nachhaltigkeit landete man beim Elektroantrieb. 2017 startete eine Kooperation mit den Offshore-Technikern von Kongsberg zur Entwicklung des Konzepts.

Man entwarf ein 80 mal 15 Meter großes Schiff, das – nach dem Unternehmensgründer – Yara Birkeland heißen soll. "Mit dem Frachter verlegen wir den Transport von der Straße aufs Meer und reduzieren damit Lärm- und Staubbelastungen, verbessern die Sicherheit der lokalen Straßen und sparen NOX- und CO2-Emissionen ein", sagt Yara-Chef Tore Holsether.

Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 13 Knoten – etwa 24 Stundenkilometern – ist es ähnlich schnell wie ein Hochseefrachter. Die Reise auf Inlandswasserwegen zu den beiden Häfen entspricht etwa 31 nautischen Meilen, also knapp 60 Kilometern. Die Konstruktion mit einem Eigengewicht von 3200 Tonnen soll 120 Standardcontainer tragen. Die Batteriekapazität soll bei sieben Megawattstunden liegen – etwas mehr als ein durchschnittlicher Zweipersonenhaushalt in zwei Jahren verbraucht.

Zudem soll das Schiff mit Sensorik und Steuertechnologien für einen Betrieb ohne Mannschaft ausgestattet werden. Eine ebenso elektrisch betriebene und autonom agierende Ver- und Entladevorrichtung am Produktionsstandort ergänzt die Cargolösung. Noch 2017 wurde ein funktionstüchtiges Sechsmetermodell des E-Frachters vorgestellt, das Testzwecken dient.

Fertigung in Norwegen

"Das Projekt hat das Potenzial, die maritime Industrie in Norwegen zu verändern", sagt Ketil Paulson von Kongsberg. Der norwegische Staat unterstützt die Entwicklung mit mehr als 13 Millionen Euro – etwa ein Drittel der Gesamtkosten. Im Sommer 2018 wurde der Vertrag mit der norwegischen Reederei Vard zum Bau des Schiffs abgeschlossen. Abgesehen vom Rumpf, der aus Rumänien kommt, soll der E-Frachter in Norwegen gefertigt werden.

Während Yara Birkeland das erste vollautonome Containerschiff werden soll, ist es allerdings nicht das erste kommerziell eingesetzte Elektroschiff. Ein paar Hundert Kilometer nördlich vom Yara-Standort versieht etwa bereits seit 2015 eine elektrische Autofähre ihren Dienst.

Das Ampere getaufte Wasserfahrzeug überbrückt in 20-minütigen Fahrten die knapp sechs Kilometer zwischen den Ortschaften Larvik und Oppedal am Sognefjord. Die Einmegawattstundenbatterie wird über Nacht und bei jedem der zehnminütigen Uferaufenthalten geladen, der Strom kommt vom örtlichen Wasserkraftwerk. Der elektrische Betrieb der Fähre spart pro Jahr etwa eine Million Liter Diesel.

Hochseehafenzubringer

Und auch in den Niederlanden gibt es ein ambitioniertes Projekt. Schiffsbauer Port-Liner baut dort E-Frachter als Zubringer zum Rotterdamer Hafen. 280 Container haben hier auf 110 Metern Schiffslänge Platz. Die Batteriekapazität entspricht etwa jener der Yara Birkeland. Die ruhige, stetige Fahrt auf den Inlandswasserwegen und speziell entwickelte Schiffsschrauben sollen 35-Stunden-Fahrten erlauben.

Für die Hochseeschifffahrt selbst ist der Batterieantrieb mit seiner begrenzten Reichweite keine Lösung. Hier setzt man Hoffnungen in Wasserstoff, besonders in sogenannte flüssige organische Wasserstoffträger (LOHC) – die Nutzung derartiger Technologien steht aber erst am Anfang. Der Anteil der Schifffahrt an den weltweiten CO2-Emissionen beträgt etwa vier Prozent – zwar nur ein Bruchteil des Straßenverkehrs, das genutzte Schweröl verbrennt aber besonders schmutzig mit hohen Ruß- und Schwefelanteilen.

Erst seit kurzem muss deshalb in Küstennähe vergleichsweise sauberer Diesel verbrannt werden. Neue Technologien könnten der Schiffsfracht in einer grünen Logistikzukunft also durchaus einen guten Platz verschaffen. (Alois Pumhösel, 20.3.2019)