Message-Control, ein hochaktuelles Schlagwort, ist zwar ein moderner Begriff, in der Sache aber eine alte Herrschaftstechnik. Mit der zugehörigen Begleitmusik an "self fashioning" und Imagepflege betrieb sie auch der in jüngster Zeit gerne als "Medienkaiser" apostrophierte Maximilian I. (1459–1519), dessen man heuer in seinem 500. Todesjahr gedenkt und ihm zahlreiche Ausstellungen widmet. "Marketing Maximilian" ist ganz aktuell, um einen Buchtitel des Kunsthistorikers Larry Silver zu verwenden. Aber woher kommt dieser Hype um die Person des Kaisers?

Einerseits setzte er die Routinisierung des habsburgischen "Gentil- und Erbcharismas", die schon sein Vater Friedrich III. mit der Klitterung des habsburgischen Stammbaums zurück bis in biblische Zeiten begonnen hatte, fort. Gekonnt zeigt sich das in den Bildgeschichten des Weißkunig, Theuerdank und Freydal sowie im monumentalen Holzschnitt der Ehrenpforte und in der Bilderfolge seines Triumphzugs auf Pergament. Mit dieser "Message" war er weit erfolgreicher als der Vater, die angebliche "Erzschlafmütze des Reiches".

Der berühmte Maximilian I., gemalt von einer anderen Berühmtheit: Albrecht Dürer.
Foto: public domain

"Wer nicht täuschen kann, versteht es nicht zu regieren"

Anderseits war er grenzenlos ehrgeizig – auch etwas, das zumeist Bewunderung erzeugt – und setzte auf die zeitüblichen (und zugleich zeitlosen?) Maximen politischen Handelns: auf Täuschung, List, Rhetorik und Taktik. "Ich täusche, wer nicht täuschen kann, versteht es nicht zu regieren", denn der Zweck heilige alle Mittel. Der "gran simulatore e dissimulatore" war nach Auffassung von Maximilians Zeitgenosse Niccolò Machiavelli der "principe nuovo". "Täuschung und Gewalt auf der Seite der Mächtigen, Angst und Aberglaube bei den Unterdrückten", das waren seiner Meinung nach die Kräfte, die Gesellschaften bestimmen und formen.

Beispielhaft zu sehen war das auch bei Maximilians "Othering". Seine "Anderen" waren die "Türken", die "grimmigen Feinde der Christenheit", was ihn in Wahrheit aber nicht daran hinderte, geheime Abmachungen mit dem osmanischen Sultan zu treffen. "Der Kaiser hat eine schöne Komödie aufgeführt", schrieb Erasmus von Rotterdam über den Augsburger Reichstag 1518, und das gilt wohl nicht nur dafür.

Machtpoker im Mittelalter: Kaiser Maximilian I., König Ludwig XII. von Frankreich, der Doge von Venedig und der Eidgenosse um einen Tisch gruppiert beim Kartenspiel (Flugschrift von 1514).
Foto: zentralbibliothek zürich

Herrschaft über "Affrica, Assia und Europa"

Auch den deutschen Fürsten sprach er viel von der deutschen Ehre und von der alten Kaiserherrlichkeit als höchster Würde der deutschen Nation zu, während er zugleich den Italienern schmeichelte, zwar ein geborener Deutscher zu sein, aber zu denken und zu fühlen wie sie. Dahinter verbarg sich die Absicht, mit den finanziellen und militärischen Mitteln Italiens seine Hausmacht zu stärken, um Deutschland zu beherrschen und die Kurfürsten und Fürsten jederzeit in die Schranken weisen zu können.

Der maximilianeische Diplomat Hans von Königsegg sah das so: Habe Maximilian Mailand, so habe er ganz Italien, habe er Italien, so habe er Frankreich und Deutschland. In der Folge beherrsche er nicht allein den osmanischen Sultan, sondern auch den Mamluken-Sultan, und steige mit der Herrschaft über "Affrica, Assia und Europa" zum größten Kaiser aller Zeiten auf. Zugleich wälzte man Pläne, um unter dem Titel einer Kirchenreform oder Koadjutorie (einer Variante der außerordentlichen Bischofserhebung) auch Zugriff auf das Papsttum zu bekommen.

Darstellung Kaiser Maximilians im Weißkunig, einer der beiden autobiografischen Veröffentlichungen Maximilians I., die von seinem Sekretär Marx Treitzsaurwein verfasst wurde.
Foto: public domain

Am Föderalismus gescheitert

Aber die Reichsstände sahen die drohende Gefahr und hatten nicht das geringste Interesse daran, sich statt in ihrer Wahlmonarchie in einer habsburgischen Erbmonarchie wiederzufinden. Ungelöst während Maximilians Regierungszeit (1486/93 bis 1519) blieb daher auch der andauernde Dissens zwischen monarchischem Zentralismus und reichsständischer Oligarchie.

Aber selbst in seinen österreichischen Erbländern tat Maximilian sich schwer mit seinen Reformen in Richtung mehr zentralistisch-bürokratisch-frühmoderne Staatlichkeit. Trotz seiner Belehrung, dass die Welt damit zum Besseren fortschreite, wollten die Landstände weder ihre eigenen Gerichtsinstanzen noch ihr Steuerbewilligungsrecht – heute würde man sagen den Föderalismus – auf dem Altar eines solchen "Fortschritts" opfern. (Manfred Hollegger, 20.3.2019)