Für die Bewohner Tel Avivs macht es erst einmal keinen Unterschied, ob sie von absichtlich oder versehentlich abgeschossenen Raketen bedroht werden. Dennoch erleichtert es festzustellen, dass die Hamas im Gazastreifen zumindest nicht mehr als üblich mit dem Feuer spielt. So gut wie alle Gazakriege waren nicht gewollt.

Die Umstände des vermeintlichen Angriffs waren von Anfang an seltsam: Eine Eskalation hätte ein glattes Versagen nicht nur des israelischen, sondern auch des ägyptischen Geheimdienstes bedeutet. Immerhin hielt sich gerade eine ägyptische Delegation im Gazastreifen auf, um mit der Hamas für Israel eine längerfristige Waffenruhe zu verhandeln. Und mit Israels Zustimmung werden auch die Gelder, die Zahlmeister Katar spendiert, in den Gazastreifen gebracht und Infrastrukturprojekte geplant.

Der Eifer, mit dem die Hamas ihre Unschuld betonte und die Freitagsdemo am Grenzzaun absagte, sieht wie Angst aus. Nicht nur, dass ihre Führung fürchten müsste, den nächsten Krieg nicht zu überleben. Sie kann den Gazastreifen kaum noch ruhighalten. Am Donnerstag wurde eine Demonstration mit Gewalt aufgelöst – was zur Vermutung Anlass gab, die Hamas wolle mit einem Angriff auf Tel Aviv davon ablenken. Aber sie weiß offenbar selbst, dass sie Frust und Wut der Menschen nicht mehr lange auf Israel umleiten kann. Dass Israel selbst nicht weiß, was es mit dem Gazastreifen tun soll, ist eine andere Geschichte. (Gudrun Harrer, 15.3.2019)