Immobilienmilliardär und "Krone"-Investor René Benko beim Adventevent von Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz Anfang Dezember 2018. Menschen aus "Krone"-Chef Christoph Dichands Umfeld berichten, Kurz habe in Sachen Benko-Einstieg mit Dichand gesprochen.

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Wien – Ende März tagen nach STANDARD-Informationen drei Herren, die über die Zukunft der "Krone" und ihrer Eigentümer entscheiden werden: das jüngste Schiedsgericht nach Schweizer Recht im ewigen Streit der Eigentümer von Österreichs weitaus größter Tageszeitung. Mit ihrem Spruch entscheiden die drei Herren über den Rückzug des deutschen Regionalmedienriesen Funke aus "Krone" und "Kurier". Und die Übernahme all ihrer Anteile durch den Tiroler Immobilienmilliardär René Benko.

Update Dichand-Kommentar: Am Freitag, als der Gesellschafterausschuss des Krone-Kurier-Verlags Mediaprint tagte, erschien in der "Krone" ein Kommentar unter dem Titel "Unsere Unabhängigkeit", gezeichnet mit dem Pseudonym "Aurelius", das schon "Krone"-Gründer Hans Dichand verwendete und zu dem nun Herausgeber und Hälfteeigentümervertreter Christoph Dichand greifen dürfte.

"Wir sind die 'Krone' und wir lassen uns von niemandem nehmen, was uns immer wichtig war und immer wichtig sein wird", heißt es in dem Kommentar: "Den Respekt vor unseren Lesern, als deren Anwälte wir uns verstehen. Die Zeitung wurde vor 60 Jahren von Hans Dichand mit viel Herzblut gegründet. Wir bewahren sein Erbe, wir verteidigen ein Erbe das ein wichtiger Teil der Zweiten Republik ist." Der Kommentar dürfte sich auf Benkos Einstieg – gegen den Willen Dichands – beziehen. "Aurelius": "Wir verstehen uns als souverän und frei von den Interessen aus Politik und Wirtschaft."

Schon "Krone"-Wiedergründer Hans Dichand stritt mit seinen Miteigentümern – erst Treuhänder und Financiers aus der Gewerkschaft Bau-Holz, dann mit seinem Kompagnon und Geschäftsführer Kurt Falk. Um Falk auszukaufen, holte Dichand die deutsche Funke-Gruppe an Bord – und stritt mit ihr weiter.

Wettbieten um die "Krone"

Die Funke-Gruppe hat im Herbst 2018 den ersten großen Schritt aus dem mühsamen Engagement in Österreich gemacht, geprägt von jahrzehntelangem Streit mit der "Krone"-Gründerfamilie Dichand. Ein Streit über Vorrechte für die Dichands, eingeräumt 1988, um das Wettbieten dreier Medienkonzerne um 50 Prozent an der damaligen Gelddruckmaschine "Kronen Zeitung" zu gewinnen.

Der Zuschlag aus 1988 an die Funke-Gruppe band die Stimmrechte der Funkes an die Linie der österreichischen Eigentümer, also der Dichands. Er kostete zudem – etwas vergröbert – Personalhoheit der Dichands in der Redaktion der "Krone".

Millionenschwerer Garantiegewinn

Der Zuschlag kostete vor allem aber einen Jahr für Jahr garantierten Gewinn für die österreichischen Eigentümer, unabhängig vom Geschäftsgang der "Krone", in jedenfalls hohen einstelligen Millionendimensionen. Die Funke-Gruppe muss für diese Garantiegewinne geradestehen, wenn die "Krone" sie nicht einspielt. Im Sommer 2018 haben die deutschen Miteigentümer einen ansehnlichen Millionenbetrag überwiesen. Davor fochten sie noch ein Schiedsgericht, das den Garantiegewinn bestätigt hattte, beim Schweizer Bundesgericht an – freilich ohne Erfolg.

Ein Ende dieser Vorrechte ist nach unbestätigten STANDARD-Infos Bedingung in den Verträgen Benkos mit der Funke-Gruppe über eine Komplettübernahme ihrer "Krone"- und "Kurier"-Anteile. Benko übernahm, gegen Ende 2018 von der Wettbewerbsbehörde genehmigt, zunächst 49 Prozent an einer deutschen Beteiligungsgesellschaft übernommen, in der die Funke-Gruppe ihre 50 Prozent an der "Krone" und 49,44 Prozent am "Kurier" deponiert hat.

Benkos Bedingung

Für die Komplettübernahme – kolportiert für zwischen 100 und 150 Millionen Euro – braucht es den passenden Schiedsspruch. Im März 2017 haben drei Schiedsrichter nach Schweizer Recht die vorige Kündigung der Vorrechte abgewiesen. Damals allerdings mit einem formalen Argument: Die "Krone"-Verträge sähen vor, dass sie frühestens Ende 2017 zu kündigen wären. Dafür brauchten die Schiedsrichter (inklusive Nominierung und Konstituierung des Gremiums) fast drei Jahre – die Funkes kündigten schon im Spätsommer 2014.

Familie Dichand und Funke-Gruppe entsenden in solche Schiedsgerichte, die laut "Krone"-Verträgen über Streit der Gesellschafter zu richten haben, je einen Vertreter. Die beiden müsse sich dann auf einen Vorsitzenden einigen.

Ende März 2019 hat das neue Schiedsgericht erst Befragungen von handelnden Personen und Zeugen angesetzt. Einer Entscheidung schon um diesen Termin ist ziemlich unwahrscheinlich – auch angesichts der Dauer des vorangegangenen, schließlich formal entschiedenen Verfahrens. Bis zum 60. Jahrestag der "Krone"-Wiedergründung durch Hans Dichand und Kurt Falk am 11. April 2019 wird sich ein Schiedsspruch eher schwer ausgehen.

Syndikat und Gesellschaft

Wenn das Schiedsgericht die Syndikatsverträge zwischen den "Krone"-Gesellschaftern aufhebt, könnte es aber auch auf die Idee kommen, dass das gleich die Auflösung der Verlagsgesellschaft bedeutet, weil die Vereinbarung unmittelbar mit den Gesellschaftsverträgen in Zusammenhang stehen. Einzelne Quellen meinen, wiederum gänzlich unbestätigt, dass bei einer Auflösung der Gesellschaft der quasi verbleibende Gesellschafter die Anteile der kündigenden Miteigentümer sehr preisgünstig aufgreifen könnte. Das wären in dem Fall die Dichands. Zu diesem Punkt gelangt man derzeit aber nur über viele Wenns und Abers.

Mediaprint-Gesellschafterausschuss am Freitag

Der Mediaprint-Gesellschafterausschuss beschäftigte sich am Freitag laut Tagesordnung etwa mit der digitalen Weiterentwicklung des Verlagskonzerns und seiner Titel beschäftigen, eine Beratungsfirma erstellte dazu eine Studie. Dieser Ausschuss, kurz GAS, besteht aus sechs Herren, je zwei entsandt von den "Krone"- und "Kurier"-Eigentümern Dichand, Raiffeisen und Funke-Gruppe. Weil die drei Gruppen, vor allem aber "Krone"-Eigentümer Dichands und Funke-Gruppe seit Jahrzehnten streiten, wird auch das Entscheidungsgremium dieser Bezeichnung nicht immer voll gerecht.

René Benko hat bisher nach STANDARD-Infos noch keinen (neuen) Vertreter im GAS untergebracht. Die Tonalität etwa des "Krone"-Berichts über Benkos Kauf des Chrysler Buildings in New York in der Montagausgabe deutete nicht auf eine (Wieder-)Annäherung von Herausgeber, Chefredakteur und Eigentümervertreter Christoph Dichand mit dem neuen (mittelbaren) Anteilseigner René Benko hin.

Deals des Investors beäugt die "Krone" seit einigen Monaten recht kritisch, sie nennt ihn einen "Milliardenjongleur". "Aurelius" kritisierte im Februar die Übernahme der Otto-Wagner-Post in Wien durch Signa. Das war wiederum "Österreich" eine Erwähnung wert. Wolfgang Fellners Blatt lässt kaum eine Gelegenheit aus, um in seiner Berichterstattung über "Österreichs erfolgreichsten Immobilien-Investor" zumindest in einem Nebensatz zu erwähnen, dieser sei bei der "Kronen Zeitung" gegen den Willen der Dichands eingestiegen.

Am Freitag soll auch das erste mit Crowdfunding finanzierte Magazin der Rechercheplattform Dossier.at über die "Kronen Zeitung" in Druck gehen, rechtzeitig vor dem 60. Jahrestag ihres Wiedererscheinens ab April 1959. (fid, APA, 15.3.2019)