Wien – Erst wird die Arbeitszeit ausgedehnt, dann wird darauf mit strengerem Schutz für Arbeitnehmer reagiert. So lässt sich die Vorgangsweise von Sozialministerin Beatrix Hartinger-Klein (FPÖ) umschreiben. Sie führt mit einem neuen Erlass strengere Grenzwerte für diverse Belastungen – von Lärm über chemische Arbeitsstoffe bis hin zu Vibrationen und optischen Strahlungen – ein.

Ihre Begründung: Der Großteil der im Arbeitnehmerschutz geltenden Grenzwerte sei für eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden festgesetzt worden. "Eine relevante Zahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern", so ist im Erlass zu lesen, sei aber in Arbeitszeitmodellen beschäftigt, in denen mehr als acht Stunden täglich gewerkt wird. Daher wird den Arbeitsinspektoraten aufgetragen, strengere Grenzwerte einzufordern, wenn mehr als acht Stunden gearbeitet wird.

Arbeiterkammer zufrieden

Die Arbeiterkammer sieht sich in ihrer Kritik bestätigt. Man habe von Anfang an vor längeren Arbeitszeiten gewarnt, erinnerte AK-Wien-Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung. "Jetzt kommt die Bestätigung für unsere Warnung auch aus dem Sozialministerium. Die ArbeitgeberInnen müssen die Grenzwerte von gesundheitsschädigenden Arbeitsstoffen neu anpassen." Aus AK-Sicht hat das Arbeitsinspektorat "jetzt auf die wohl begründete Kritik mit einem Erlass reagiert".

Die Grenzwerte selbst werden teilweise mit komplexen Formeln adaptiert. Im Falle von Lärm ergibt sich daraus, dass bei einem Achtstundentag ein Dauerschallpegel von 84 Dezibel zulässig wäre. Aufgrund einer Formel läge die Belastung bei einem Zwölf-Stunden-Tag bei 85,76 dB und wäre zu hoch. Die Grenzwerte für gesundheitsschädigende Arbeitsstoffe halbieren sich wiederum ab der achten Stunde. In Richtung von Hartinger-Klein meinte Anderl, dass der Erlass "ein wichtiger Zwischenschritt" sei. Es seien aber noch entsprechende Verordnungen im Sinne des Arbeitnehmerschutzes zu novellieren. (red, 14.3.2019)