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Manfred Weber beim Besuch der Großen Synagoge in Budapest.

Foto: Reuters / Bernadett Szabo

In der Europäischen Volkspartei (EVP) werden eine Woche vor einer entscheidenden Sitzung in Brüssel intern die Bemühungen verstärkt, einen Ausschluss der ungarischen Fidesz abzuwenden. Weil die Partei von Premierminister Viktor Orbán wegen antisemitischer Attacken gegen den Investor George Soros und zuletzt Angriffen auf EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Grundsätze der Christdemokraten verletzt hätten, haben 13 Parteien aus neun Staaten eine entsprechende Abstimmung verlangt.

Diese sollte am Tag vor dem EU-Gipfel in Brüssel stattfinden, unter Beteiligung der Partei- und Regierungschefs. Am Mittwoch hat nun der EVP-Spitzenkandidat bei den Europawahlen im Mai, Fraktionschef Manfred Weber, in Straßburg Details einer überraschenden Initiative von ihm präsentiert. Der aus Bayern stammende Politiker hatte sich tags davor mit Orbán in Budapest getroffen, um mit ihm über seine "drei Bedingungen" für einen Verbleib in der EVP-Parteienfamilie zu reden.

Drei Bedingungen

Neben der Einstellung der Plakataktion gegen Juncker und den Mäzen Soros, der 1991 die Zentraleuropäische Universität (CEU) in der ungarischen Hauptstadt gestiftet hatte, und einer Entschuldigung bei den europäischen Parteifreunden solle die Regierung auch dafür sorgen, dass die CEU im Land bleiben könne.

Ein Spezialgesetz hat der unter US-Recht stehenden Hochschule den Verbleib unmöglich gemacht, weshalb die CEU ankündigte, nach Wien übersiedeln zu wollen. Dieses von Bundeskanzler Sebastian Kurz begrüßte Umzugsprojekt könnte dann wieder zurückgenommen werden.

Partner-Uni in München

Weber berichtete, dass er Orbán dazu eine konkrete Lösung angeboten habe. Demnach würde sich die Technische Universität in München anbieten, mit der CEU eine Partnerschaft einzugehen, sie würde an Lehr- und Forschungsprogrammen teilnehmen. Ziel solle es sein, ungarische, deutsche und US-amerikanische akademische Grade anzubieten. Ein gemeinsames Netzwerk mit US-Hochschulen soll entstehen.

Wie Orbán auf seine Angebote reagiert habe, sagte der Fraktionschef nicht, bei seinem Besuch hätte es auch "keine Verhandlungen" gegeben. Er habe aber "Signale bekommen, dass man daran arbeiten will". Was den Verbleib der Fidesz in der EVP betrifft, will Weber jedenfalls vom Ungarn "Taten sehen, nicht nur Worte": "Wir bleiben weiter im Gespräch", sagte er nach dem Treffen mit Orbán.

Nach einem Durchbruch klang das nicht. Dennoch: Die Anti-Juncker-Plakate sind derzeit im Begriff, aus dem ungarischen Straßenbild zu verschwinden. Bei den anderen Mitgliedsparteien könnte sich Orbán in verklausulierter Form entschuldigen. Und schließlich würde Webers CEU-Vorstoß zur Abarbeitung der dritten Weber-Forderung führen.

CEU reagiert vorsichtig

Hier jedoch bleibt viel unklar. Die CEU selbst reagierte bereits am Dienstag – Weber hatte auch ihren Rektor Michael Ignatieff getroffen – zurückhaltend. Man unterstütze die Initiative, weise aber zugleich darauf hin, dass "es der CEU durch die ungarische Regierung verboten wurde, neue Studenten für ihre in den USA akkreditierten Lehrgänge aufzunehmen", hieß es in einer Stellungnahme. Weshalb man damit fortfahre, die Lehrgänge mit US-Diplomen nach Wien zu verlegen.

Weber besuchte auch die Große Synagoge in Budapest. Dabei unterstrich er, dass die EVP dem Antisemitismus mit Ächtung begegne. Praktisch zur gleichen Stunde, eineinhalb Kilometer Luftlinie entfernt, nahm der antisemitische Schriftsteller Kornél Döbrentei eine hohe staatliche Auszeichnung entgegen. Den für schriftstellerische Leistungen verliehenen "Lorbeerkranz Ungarns" überreichte Sozialminister Miklós Kásler – auf Vorschlag von Orbán.

Döbrentei fiel unter anderem im Jahr 2004 auf, als er bei einem Protest der Rechten mit Stereotypen gegen die Juden wetterte: "Falsche Propheten in Verkleidungen und Masken – nur ihr Bart ist echt – dirigieren den moralischen Holocaust am Ungartum." (Thomas Mayer aus Straßburg, Gregor Mayer aus Budapest, 13.3.2019)