Wien – Jahr für Jahr fahren hunderte Studierende, Unternehmer und Lehrkräfte aus der serbischen Stadt Jagodina nach Wien. Die Reise wird vor allem von Dragan Marković Palma, Unternehmer und bis 2012 Bürgermeister der Stadt, gesponsert und findet seit 2010 statt. Das Mitglied der serbischen Nationalversammlung fährt meistens auch selber mit. So auch Anfang März. Doch diesmal war die Exkursion eine besondere – denn Marković Palma erhielt eine Auszeichnung der Stadt Wien.

Ehrung oder Gastgeschenk?

Allerdings: Darüber, ob es sich um das Goldene Ehrenzeichen der Stadt handelt oder nur um ein Gastgeschenk, wurde – vor allem auf Twitter – heftig diskutiert. Der Sprecher der Wiener SPÖ, Raphael Sternfeld, sagt, es handle sich weder um einen Orden noch um eine Ehrenmedaille. Journalisten, die das kritisierten, würden "Fake-News" verbreiten, schrieb Sternfeld. Es sei niemandem etwas an die Brust geheftet worden. Wie die Auszeichnung nun konkret bezeichnet wird, sagte der Sprecher nicht. Es habe sich um einen üblichen "Austausch von Gastgeschenken gehandelt". Politisch hätten die Bürgermeister außerdem nichts gemein.

Zum STANDARD sagt Sternfeld: "Marković Palma hat dem Wiener Bürgermeister ein Wappen der Stadt geschenkt. Als völlig übliches Gastgeschenk wurde von Michael Ludwig wiederum eine Plakette aus Gold überreicht. Das ist kein offizieller Orden oder eine goldene Ehrenmedaille."

Eine offizielle Aussendung der Stadt zu dem Treffen zwischen Ludwig und dem serbischen Politiker gibt es nicht. Nur eine Facebook-Meldung von Marković Palma, in der er von einer "goldenen Medaille der Stadt Wien" schreibt, die extrem selten sei. Zu sehen und hören ist das auch in einem Video, das auf Twitter geteilt wurde. Ludwig sagt: "Ich darf mich fürs Kommen bedanken mit der Ehrenmedaille in Gold – etwas, das wir ganz selten vergeben."

Grund für die Kritik an der Auszeichnung: Marković Palma ist offen homophob und wurde dafür auch verurteilt. Im Jahr 2010 musste er eine Geldstrafe zahlen, weil er Homosexualität als Krankheit bezeichnet hatte. Er soll außerdem gesagt haben, dass er als Bürgermeister eine Stadt garantiere, in der "keine Schwulen leben". Bei einem seiner Wien-Besuche soll er lieber einen Umweg gewählt haben, als einen Zebrastreifen mit einem homosexuellen Ampelpaar zu benutzen, berichtet der "Kurier".

Marković Palma arbeitete außerdem mit Željko "Arkan" Ražnatović zusammen, die beiden gründeten 1992 die "Partei der serbischen Einheit". Letzterer war während des Krieges ein gefürchteter Mann und in eine Gruppe involviert, die sich an den ethnischen Säuberungen beteiligt haben soll.

Einladung nach Serbien angenommen

Ludwig soll außerdem gesagt haben: "Ich danke Ihnen für alles, was Sie für Ihre Menschen sowie für die Beziehungen zwischen Wien und Serbien beziehungsweise Serbien und Österreich tun. (...) Wir können viel voneinander lernen. Zudem freue ich mich sehr, Ihre Einladung nach Jagodina anzunehmen." In der Vergangenheit hatten SPÖ-Politiker solche Einladungen abgelehnt.

Normalerweise trifft sich der Serbe bei seinen Wien-Besuchen vor allem mit FPÖ-Politikern, etwa dem geschäftsführenden Klubobmann im Nationalrat, Johann Gudenus. Deswegen überrascht es auch nicht, dass sich auch der FPÖ-Landtagsabgeordnete Leo Kohlbauer in die Debatte einmischte. Er sprach von einem "Eklat": "Wie kann es sein, dass ein SPÖ-Mitarbeiter das Protokoll und die Ehrenmedaille der Stadt Wien herabwürdigt und ein derart wichtiges internationales Treffen, zu dem ich Bürgermeister Ludwig nur gratulieren kann, in ein falsches Licht rückt?" Auch hier konterte Sternfeld: Er bezeichnete Kohlbauer als Lügner, der sich schämen solle.

Zur Frage, welche Ehre Marković Palma zuteilwurde oder nicht, gibt es bereits eine Anfrage der Wiener Neos. Unmut herrscht auch beim grünen Koalitionspartner. (lhag, krud, 11.3.2019)