"Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war" im Landestheater Niederösterreich.

Foto: Alexi Pelekanos

Mit dem Zweiten Weltkrieg hält auch die weite Welt Einzug im Mostviertel. Ein russischer Malereistudent ist aus der Kriegsgefangenschaft der Deutschen getürmt. Er hat dabei in einem von Hermann Görings Transporten mit "entarteter" Kunst gestöbert – das Bild, das er seither eingerollt mit sich trägt, zeigt vier leuchtende Pferde. So etwas haben die jungen Töchter der Bauernfamilie Leithner noch nie gesehen. Als Abenteuer nehmen sie den Fremden neugierig und gerne an.

In der Theaterwerkstatt des niederösterreichischen Landestheaters wurde jetzt der Roman Der Tag, als mein Großvater ein Held war (2017) des Autors und Kinderpsychiaters Paulus Hochgatterer uraufgeführt. Aus den 100 Seiten formt Regisseur Moritz Beichl (26) eineinhalb Theaterstunden. Sie erzählen aus der Perspektive der Mädchen Begebenheiten im März 1945. Eine gewisse Heiterkeit ist den Kindern erhalten geblieben.

So eine eignet auch der Inszenierung. Auf der Bühne wird mit Realismus hantiert, allerdings keinem allzu verpflichtenden. Ein zünftiger, giftgrüner Holzstuhl deutet die Stube der Bauernfamilie an, wo später die Nazischergen einmarschieren werden. In einem kleinen Bett daneben schlafen die Schwestern und erzählen einander zur Unterhaltung Märtyrerlegenden und von einem fast im Bach ertrunkenen Buben.

Abwechslungsreich

So war es im Krieg, berichten uns verschiedene Episoden. Die fünf Schauspieler müssen u. a. als Apotheker, Hutverkäuferin und Großvater in dreimal so viele Rollen schlüpfen. Das gibt ein abwechslungsreiches Bild. Darsteller Anton Widauer ist etwa ein schneidiger Pilot der US-Airforce. Cathrine Dumont wird als jüngster Schwester das Gesicht herzergreifend ängstlich, wenn die trauernde Nachbarin sie vor das Foto des gefallenen Sohnes holt und den Arm um sie krampft.

Nicht alle Szenen gelingen künstlerisch so intensiv und stimmig. Mitunter waltet in dem Stück eine irritierende, fast wie aus Kaugummi aufgeblasene Fröhlichkeit.

Man sieht diese St. Pöltener Produktion vor seinem inneren Auge von vielen Schulklassen bestaunt werden. Wenn der groß gewachsene Tobias Artner mit weißem Spitzenkleidchen recht travestiehaft und hölzern die baumlange älteste Schwester gibt, werden sie darüber johlen. Pädagogisch wertvoll ist der Abend nichtsdestotrotz. Ein Muss ist er indes nicht. (Michael Wurmitzer, 10.3.2019)