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Lithium-Abbau in der Atacama-Wüste im Norden Chiles: Grundwasser mit Rohstoffgehalt wird in riesige Becken gepumpt und dort verdunstet.

Foto: Reuters / Ivan Alvarado

Lithium kostet Wasser. Denn das Element, das die Elektromobilität antreiben soll, wird in den südamerikanischen Abbaugebieten aus dem Grundwasser extrahiert. Salzlake wird dem Boden entnommen, in riesige Becken gepumpt und in einer Reihe von Schritten abgeschieden. Das Wasser verdunstet.

Über 50 Prozent der weltweiten Ressourcen sollen laut Schätzungen im "Lithium-Dreieck" in Bolivien, Chile und Argentinien zu finden sein. Der Abbau senkt den Grundwasserspiegel und wird zur Gefahr für Feuchtgebiete und Lagunen. Die Wüstengegend wird noch trockener.

"Nahe der Abbaugebiete leben meist kleine Gemeinschaften, oft indigene Gruppen, die traditionellen Tätigkeiten wie Viehzucht nachgehen. Die Hirten verlieren die Möglichkeit, ihre Tiere zu versorgen. Gleichzeitig wächst der Tourismus in der Gegend, für den ebenfalls Wasser benötigt wird", skizziert Fernando Ruiz Peyré vom Institut für Geographie der Universität Innsbruck.

Er beschäftigt sich mit Machtbeziehungen rund um den Lithiumabbau in Südamerika. Mit seinem Kollegen Felix Dorn hielt Ruiz Peyré zu diesem Thema einen Vortrag bei der Rohstoffpolitik-Konferenz "Ressourcen für eine sozial-ökologische Transformation", die vor wenigen Tagen in Innsbruck stattfand.

Verzehnfachung des Abbaus

Zum Wassermangel kommen Belastungen durch Staub und neue Infrastruktur. Investoren versprechen den Einwohnern dafür Arbeitsplätze; Versprechungen, die gut klingen, aber oft wenig nachhaltig sind. "Meist werden für den Aufbau viele Arbeitskräfte gebraucht. Langfristig im Betrieb der Werke bleiben aber nur wenige niedrigqualifizierte Jobs übrig, höher Qualifizierte werden dagegen eingeflogen", erklärt Ruiz Peyré.

In der Gegend wird eine Verzehnfachung des Abbaus in den nächsten Jahren erwartet, berichtet der Forscher. "Man steht noch am Anfang. Der Lithium-Abbau ist im Vergleich zu anderen Bergbauaktivitäten noch gering. Dennoch ist der Boom in der Region schon richtig zu spüren."

Lithium wird in der Pharmazie, als Teil von Legierungen etwa in der Luftfahrt, in der Herstellung von Keramik und Spezialglas oder in Klimaanlagen verwendet. Der Verbrauch in Batterien lag in einer Erhebung von 2016 bei 35 Prozent – ein Wert, der sich rasch ändern wird.

Konflikte und neue Allianzen

Im Ringen um die plötzlich sehr wertvoll gewordene Ressource – der Preis pro Tonne ist laut Schätzungen in den vergangenen 15 Jahren um das Achtfache auf etwa 16.000 Dollar gestiegen – treffen die verschiedensten Akteure aufeinander: Dorfgemeinschaften, lokale Betriebe, Zulieferer und Verwaltungen, Regierungen und Konzerne. Diese Arena, in der sich Lokales und Globales mischt, und die Frage danach, wer sich auf welche Art Zugang zu Ressourcen verschafft, möchte Ruiz Peyré näher untersuchen.

Zu Konflikten führen etwa widersprüchliche rechtliche Situationen: Regierungen vergeben Abbaurechte, die mit den Rechten der indigenen Gemeinschaften kollidieren oder sich überschneiden, erklärt der Wissenschafter. "In Argentinien gibt es dazu einige Gerichtsfälle. Die indigenen Gemeinschaften verlieren hier eher."

Auf wirtschaftlicher Ebene hat der Lithium-Abbau neue Allianzen hervorgebracht. "Chemie-, Bergbau- und Autokonzerne sind in diesem Bereich in neuen Konstellationen zusammengekommen", erklärt Ruiz Peyré. "Die Fahrzeugbauer gehen etwa Joint Ventures ein, um sich die Ressource für ihre Batterien zu sichern. Diese Phänomene findet man in anderen Bergbaubereichen nicht so stark."

Abseits der Wasserproblematik ist für den Forscher der Lithiumabbau in der Wüste immerhin deutlich weniger umweltschädlich als die Gewinnung anderer Ressourcen wie Kupfer oder Gold. Nach Kritik, dass Rohstoffe für eine klimaschonende Technologie nicht am Ort des Abbaus Umweltzerstörungen und hohe Emissionen verursachen dürfen, werden Investitionen in ökologische Techniken und erneuerbare Energien versprochen.

Strategievergleich

Im Umgang mit den Ressourcen haben die Staaten unterschiedliche Strategien: "Bolivien möchte die Gewinne im Land behalten und hat den Abbau unter staatliche Kontrolle gestellt – mit dem Nachteil, dass die Erschließung langsamer voranschreitet. In Chile und Argentinien belässt man den Abbau im privaten Sektor, in der Hoffnung, dass Arbeitsplätze entstehen."

Doch auch auf lokaler Ebene gibt es Spielraum für unterschiedliche Strategien. Ruiz Peyrés Kollege Felix Dorn vergleicht etwa den Umgang mit dem Abbau vor Ort in zwei argentinischen Communitys. Ruiz Peyré: "Die eine zeigt sich kooperativ und hofft zu profitieren, eine andere verhandelt stark, um mehr herauszuholen." (Alois Pumhösel, 9.3.2019)