Aus dem Auspuff kommt Wasserdampf anstelle von Kohlendioxid, das den Klimawandel befeuert. Anders als bei batteriebetriebenen Fahrzeugen muss man keine Dreiviertelstunde warten, bis die Energievorräte aufgefüllt sind. Und mit vollem Wasserstofftank kommt man weiter als mit jedem Stromspeicher an Bord.

Die Vorteile, die für Wasserstoffautos sprechen, klingen einleuchtend. Doch ebenso fundamental sind die Hürden, die auf dem Weg zu einer breit angelegten Mobilitätslösung auf Basis von Wasserstoff zu überwinden sind. Forscher und Entwickler in Universitäten und Autokonzernen sind seit Jahrzehnten damit beschäftigt.

Ein Röntgenblick in das Antriebssystem des Toyota Mirai zeigt die Funktionsweise der Wasserstoff-Brennstoffzelle und deutet auch gleich die ganze Komplexität des Systems an.
Foto: Toyota

Günstige Brennstoffzellen für Fahrzeuge zu bauen ist eine der Herausforderungen. Eine weitere besteht darin, eine Speichertechnik zu entwickeln, bei der der Wasserstoff effizient in Druckbehälter gepresst wird. Doch die vielleicht wichtigste Frage ist: Wie kann man all den Wasserstoff für eine flächendeckende Stillung der menschlichen Mobilitätsbedürfnisse bereitstellen?

Künstliche Photosynthese

Wasserstoff ist zwar das häufigste Element im Universum. Dennoch ist eine technische Verwertung nicht so ohne weiteres möglich. Denn auf der Erde kommt Wasserstoff fast nur in gebundener Form vor – in jeder Art von organischen Verbindungen und natürlich im Wasser. Die große Menge chemischer Energie, die im freien Wasserstoff gespeichert ist, muss letzten Endes irgendwo herkommen.

In Zukunft könnte die Gewinnung mittels eines Prozesses stattfinden, den sich Wissenschafter von einem der elementarsten Vorgänge der belebten Natur abgeschaut haben – der Photosynthese. Mithilfe des Sonnenlichts bauen Pflanzen wasserstoffhaltige organische Verbindungen aus energieärmeren Stoffen auf.

Günther Knör ist Chemiker an der Uni Linz.
Foto: Robert Maybach

Analog dazu kann durch künstliche Photosynthese Wasserstoff direkt aus energieärmeren Wassermolekülen gewonnen werden. Die Energiedifferenz steuert auch hier die Sonne bei. Im Fachjargon spricht man von photokatalytischer Wasserspaltung.

Weltweit werden Technologien entwickelt, die diesen Prozess nutzen. In Österreich arbeitet etwa Günther Knör, langjähriger Leiter des Instituts für Anorganische Chemie der Johannes-Kepler-Universität Linz, in diesem Bereich. "Pilotanlagen, etwa Tankstellen, in denen solarer Wasserstoff erzeugt wird, wären heute schon umsetzbar. Dennoch ist aber noch eine Reihe grundlegender Probleme zu lösen, um die Verfahren weiter zu optimieren", sagt Knör.

Wasserstoff aus Erdgas

Heute wird der Großteil des Wasserstoffs, der etwa für die Herstellung von Dünger, zur Verarbeitung von Erzen oder in der Nahrungsmittelindustrie benötigt wird, noch mithilfe einer nicht erneuerbaren Energiequelle hergestellt – mit Erdgas. Im Zuge der sogenannten Dampfreformierung wird der fossile Rohstoff unter Zugabe von Wasserdampf bei hohen Temperaturen in Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Wasserstoff umgesetzt.

Punkto Erderwärmung wird hier nichts gewonnen, denn es wird so viel CO2 frei wie bei der Verbrennung. Um die Klimabilanz neutral zu halten, könnten künftig alternative Methoden wie das Kværner-Verfahren oder die Biomassenutzung als Ersatz für Erdgas zum Einsatz kommen.

Auch eine weitere Produktionsart könnte in Zukunft an Bedeutung gewinnen: die Elektrolyse. Wasser soll durch überschüssigen Strom aus regenerativen Quellen wie Sonnen- oder Windkraftwerken in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden. Warum aber nicht den aufwendigen Umweg über die Stromerzeugung auslassen? Warum nicht gleich wie in der Natur das Wasser direkt an Ort und Stelle mit Sonnenenergie in seine Bestandteile spalten?

Eine solche Anlage, die solaren Wasserstoff mithilfe der künstlichen Photosynthese produziert, würde von ihrem Äußeren her durchaus vertraut erscheinen. "Wie uns die Blätter der Bäume zeigen, brauchen wir große Oberflächen, um das Tageslicht gut einzufangen", sagt Knör. "Eine bewährte Möglichkeit wären wenige Zentimeter dünne, großflächige Paneele, ganz ähnlich wie bei heutigen Solarparks."

Offene Fragen

Es gibt viele verschiedene Ansätze, die neuartige Technologie umzusetzen. Die Grundprinzipien bleiben aber stets dieselben: Um ein möglichst breites Strahlungsspektrum aufzunehmen und dadurch die Effizienz zu erhöhen, sollten die "künstlichen Blätter" eine intensive dunkle Färbung aufweisen, beschreibt der Wissenschafter.

Das Bild zeigt die Wasserstoff-Brennstoffzelle, wie sie bei Honda im Konkurrenzmodell Honda Clarity Fuel Cell verwendet wird.
Foto: Honda / Wieck

Bei der Umwandlung des eingefangenen Sonnenlichts in chemische Energie kommt es zunächst zu einem präzise abgestimmten Elektronentransport auf molekularer Ebene. Für die Langzeitspeicherung der Sonnenenergie in Form von Wasserstoff sind zusätzlich Katalysatoren als Reaktionsbeschleuniger nötig. Letztlich kann der so gewonnene Treibstoff abgeschieden, geerntet und weiterverwendet werden.

Dass da und dort bereits Prototypen und Testanlagen solcher Systeme gebaut werden, kann für Knör nicht darüber hinwegtäuschen, dass auf dem Weg zu einem großformatigen Einsatz noch ein paar grundlegende Fragen offen sind.

Optimierung der Katalysatoren

Da wäre einmal die Optimierung der Katalysatoren. Bei heutigen Ansätzen könne die Wasserstoffproduktion oft nur wenige Stunden lang aufrechterhalten werden. Dann wird das System instabil, der Katalysator muss regeneriert oder ausgetauscht werden.

Knör und Kollegen konnten in einer Studie die Langzeitstabilität zuletzt deutlich erhöhen, indem sie spezielle Palladium-Nanopartikel nutzten. Im Fachblatt ChemPhotoChem beschrieben die Forscher ein Experiment, in dem das System immerhin für etwa 45 Tage stabil gehalten wurde.

Ebenso wie dieses Bild, das auch die Positionierung des Wasserstofftanks hinten zeigt. Um bösen Unfallfolgen vorzubeugen, ist dieser in einen hochfesten Rahmen integriert.
Foto: Honda / Wieck

Für einen Einsatz im großen Maßstab kommen aber seltene Elemente wie Palladium, Iridium oder Osmium, die im Labor oft verwendet werden, nicht infrage. Forscher wie Knör versuchen deshalb, ausreichend vorhandene Metalle wie Eisen oder Kupfer einzusetzen und die Produktion auch damit lange Zeit stabil zu halten.

Hoher Flächenbedarf

Ist auch dieses Problem gelöst, bleibt die Frage: Wo baut man all die notwendigen Wasserstoff-Produktionsstätten eigentlich hin? "Global gedacht liegt eine weitere Herausforderung im Flächenbedarf", sagt Knör. "Egal wie gut die Systeme sind – um fossile Treibstoffe vollständig durch Erzeugnisse aus technischer Photosynthese zu ersetzen, müssten etwa vier bis fünf Prozent der gesamten Erdoberfläche mit den ,künstlichen Blättern‘ bedeckt werden." Entscheidet man sich für Anlagen in Wüsten oder auf Meeren, entsteht ein neues Transportproblem.

Angesichts dieser Hürden kann heute noch kaum abgeschätzt werden, welche Rolle Wasserstoff im Energiemix der Zukunft einnehmen wird. Andere Varianten der künstlichen Photosynthese würden etwa auch erlauben, aus CO2 und Wasser Methanol oder Methan zu gewinnen, die ebenso als Basis für erneuerbare Treibstoffe dienen und einen geschlossenen Kohlendioxidkreislauf schaffen würden.

So oder so: Die künstliche Photosynthese hat das Zeug, den Ausstoß von Treibhausgasen fossilen Ursprungs maßgeblich zu zügeln. Bis zu einem großtechnischen Einsatz bleibt aber noch ein weiter Weg zu gehen. (Alois Pumhösel, 27.2.2019)