Unterschiedliche Zugänge: Doskozil und Rendi-Wagner.

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Wien – Hans Peter Doskozil, dem routinierten Polizisten, der diese Woche burgenländischer Landeshauptmann wird, gefällt die Idee der Sicherungshaft nicht schlecht. Pamela Rendi-Wagner, die Ärztin an der SPÖ-Spitze, will die Diskussion am liebsten ganz abdrehen. Sie hält die diskutierte Sicherungshaft für einen massiven Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte, "das betrifft uns alle". Über eine derart sensible Materie wolle sie nicht anhand von Überschriften diskutieren.

Die unterschiedlichen Sichtweisen haben mit den unterschiedlichen Zugängen zu tun: In der Sache geht es "um den Schutz potenzieller Opfer", wie der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig formuliert – und wie Doskozil ist er dafür, die allfällige Verhängung einer Sicherungshaft nicht bloß als Maßnahme gegen gefährliche Ausländer zu punzieren: "Für ein Opfer eines Gewaltverbrechens spielt es keine Rolle, woher der Täter kommt." Bei allfälligen Neuregelungen müssten "natürlich auch alle Grundrechte, Menschenrechte und verfassungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden".

Auch der designierte Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer steht der Idee der Sicherungshaft für Asylwerber ebenso wie für Österreicher offen gegenüber: "Man kann über das reden. Aber vor dem Hintergrund der Wahrung aller Grund- und Menschenrechte." Dornauer interpretiert Doskozils Aussagen dahingehend, dass dieser keineswegs noch "einen Schritt weiter gehen" wolle, "ihm ist es darum gegangen, den Fokus weg von der Migrationsproblematik zu bringen", sagt Dornauer, der das Thema für den Fall eines "unmittelbaren Gefährdungsmomentes" und des damit verbundenen notwendigen "Schutzes für Leib und Leben" als relevant ansieht.

Politisches Kalkül der Parteichefin

Andererseits geht es um politisches Kalkül: Viele Sozialdemokraten vermuten hinter dem türkis-blauen Vorstoß für die Einführung einer Sicherungshaft eine Ablenkung von Fehlern, die die Regierung zu verantworten hätte. Sie werde dieses Thema erst verhandeln, wenn eine unabhängige Taskforce aufgeklärt hat, ob dem Tötungsdelikt in Vorarlberg nicht auch Behördenversagen zugrunde lag, lautete Rendi-Wagners Linie.

Das gelte auch für die Vorschläge von Doskozil, der eine Sicherungshaft auch für Inländer gefordert hat. Auch darüber wolle sie nicht diskutieren, ehe nicht Experten die rechtlichen Möglichkeiten abgesteckt hätten.

Breites sozialdemokratisches Spektrum

Die Positionen innerhalb der SPÖ reichen von Doskozils weitgehender Zustimmung zur Idee der Sicherungshaft (wobei deren genaue rechtliche Ausgestaltung auch für ihn noch offen ist) über die Forderung, die bestehenden Möglichkeiten des Gewaltschutzgesetzes zu evaluieren (wie es unter anderem Ludwig fordert) bis zu klarer Ablehnung. Diese kommt etwa von der oberösterreichischen SPÖ-Vorsitzenden Birgit Gerstorfer. Sicherungshaft bedeute, "jemanden als Räuber zu verurteilen, bevor er einen Raub begangen hat", und falle "eher in die Kategorie indiskutabel", sagte Gerstorfer am Montag. Es gebe ausreichend andere "gute rechtliche Möglichkeiten", die man ausschöpfen könne. Der Bundesregierung gehe es nicht um die Sicherheit der Bevölkerung, sondern "einzig darum, Asylwerber in Bausch und Bogen zu kriminalisieren". Dabei nehme man auch in Kauf, "dass der Rechtsstaat ausgehöhlt wird", warnte Gerstorfer.

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser sagt, ein einfaches "Ich bin dafür" oder "Ich bin dagegen" sei in der Frage nicht möglich. Es dürfe jedenfalls nicht passieren, dass ohne Diskussion "Kontrollmöglichkeiten, die sich jeder öffentlichen Kontrolle entziehen", eingeführt werden. Worum es geht, sei, "dass man versucht, ohne dass es Tatbestände gibt, bereits Maßnahmen zu setzen". Was jedenfalls nicht sein könne, ist nach Ansicht des Politikers, dass die persönliche Freiheit derartig eingeschränkt werde, ohne dass "mit der stärksten Oppositionspartei und den anderen parlamentarischen Kräften" gesprochen werde. "Zu sagen, entweder stimmts zu oder wir machen's allein bei einer so entscheidenden Frage ist für mich an politischer Unkultur nicht zu überbieten." (völ, cs. APA, 25.2.2019)