Wie geht es nach der Sicherungshaft weiter?, fragt Bernd-Christian Funk.

foto: Matthias Cremer

Wien – Die geplante Sicherungshaft "wäre eine völlig neue Form des Freiheitsentzugs, eine, die es bisher in keinem anderen Land der EU gibt", sagt der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk im Gespräch mit dem STANDARD.

Den derzeit in Österreich möglichen Gründen, einen Menschen einzusperren, würde ein weiterer Grund hinzugefügt: Haft nicht wegen eines schwerwiegenden Verdachts – U-Haft –, infolge einer rechtskräftigen Verurteilung – Strafhaft – oder, im Fall von Ausländern, um eine rechtskräftig ausgesprochene Ausweisung abzusichern – Schubhaft –, sondern ohne eigenes straf- oder fremdenrechtliches Verfahren "auf der Grundlage einer Gefährlichkeitsprognose".

Frage der Gefährlichkeitsprognose

Um diese zusätzliche Form der Haft rechtlich zu verankern, wie es Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Samstag im Namen der Regierung angekündigt hat, werde nun "vermutlich nach Möglichkeiten gesucht, einen solchen neuen Tatbestand ausreichend präzise zu definieren", sagt Funk. Die Frage sei, "welche Tatbestände darunter fallen und was die Grundlagen der Gefährlichkeitsprognose sein sollen".

Auch, so Funk, sei "völlig offen, was mit einem Menschen, der in Sicherungshaft kommt, weiter geschehen soll". Was tun, wenn ein solcherart inhaftierter Ausländer, wie in vielen Fällen, nicht abschiebbar sei? "Eine Dauerinternierung würde "gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Freiheitsentzug verstoßen", sagt Funk.

Regelung wird "ziemlich sicher" kommen

Den Plan der Regierung, die Sicherungshaft per Verfassungsgesetz einzuführen, hält der Verfassungsexperte für "gangbar". Dass die neue Regelung kommen wird, hält er für "ziemlich sicher" – wenn auch für höchst problematisch.

Auch sei fraglich, ob das Gesetz in der Folge vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof oder den europäischen Höchstgerichten halten werde. Denn die Europäische Menschenrechtskonvention stehe in Österreich in Verfassungsrang und das durch sie verbriefte "Recht auf Freiheit und Sicherheit" laut Artikel fünf sehe präventiven Freiheitsentzug nicht vor.

Sicherungshaft vor den Höchstgerichten?

Möglicherweise werde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg feststellen, dass Österreich mit dem geplanten Gesetz gegen Artikel fünf verstoße, sagt Funk. "Oder der Europäische Gerichtshof in Luxemburg kippt es auf Basis der EU-Grundrechtecharta." Sein Spruch müsste in Österreich sofort umgesetzt werden. (Irene Brickner, 25.2.2019)