Laut Innenminister Herbert Kickl begann der umstrittene "Vorgang der Anhaltung" kurz nach 15 Uhr und endete um 21.55.

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Der 16. Dezember 2018 war keine Sternstunde für die Polizei und den Fußball. Zur Erinnerung: Vor dem Wiener Stadtderby wurden hunderte Rapid-Anhänger, darunter auch viele Kinder, stundenlang bei Eiseskälte eingekesselt und perlustriert, weil zuvor während eines sogenannten Fanmarsches einige Fans Kracher und Getränkedosen auf Österreichs meistbefahrene Autobahn, die Wiener Südosttangente, geworfen hatten.

Der Polizei wurde vorgeworfen, unverhältnismäßig lange und streng auf eine gefährliche Situation reagiert zu haben, die nur wenige Minuten gedauert hatte. Gefährlich sei auch der Kessel selbst, an einer schmalen Stelle unmittelbar über der Autobahn, gewesen.

Keine Fanvertreter

In einer dringlichen Anfrage der SPÖ im Bundesrat hatte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) den Polizeieinsatz verteidigt. Nun liegt auch seine Antwort auf eine von den Neos gestellte parlamentarische Anfrage vor: Obwohl jedes Wiener Derby als Risikospiel gilt, war bei der Einsatzbesprechung am Vormittag des 16. Dezember kein Wert auf die Anwesenheit von Fanvertretern gelegt worden. Insgesamt waren 637 Exekutivbeamte in mehreren Abschnitten abkommandiert, 230 davon für die Begleitung des Fanmarsches.

Bei der Einsatzbesprechung sei vereinbart worden, dass es bei Verwaltungsübertretungen kein sofortiges Einschreiten, sondern eine spätere Ausforschung der Täter durch Videomaterial und Wahrnehmungen der Exekutivbeamten hätte geben sollen. Um 15.05 Uhr seien dann die ersten Identitätsfeststellung vom behördlichen Einsatzleiter angeordnet worden, schreibt Kickl. Drei Minuten später "begann der Vorgang der Anhaltung", also die Einkesselung der Fans. "Die Feststellung der Identitäten war um 21.55 Uhr beendet", heißt es weiter. Bei insgesamt 1382 Personen sei die Identität festgestellt worden. Als rechtliche Grundlage gibt Kickl auf Neos-Anfrage den "Anfangsverdachts der vorsätzlichen Gemeingefährdung" an.

Gang aufs WC

Den Vorwurf, die Polizei habe eingekesselten Personen den Gang auf das WC verweigert, umschifft Kickl geschickt: "Personen, die vorsprachen, um die Notdurft zu verrichten, wurde angeboten, vorrangig die Identitätsfeststellung durchzuführen, um diesen ein früheres Verlassen des Bereichs zu ermöglichen." Eine Familie habe schon um 15 Uhr 19 das Angebot angenommen. Niemand sei dazu angehalten worden, gegen die Mauer zu urinieren – was damals aber tatsächlich viele Männer getan haben sollen, wie Dabeigewesene berichteten.

Zur schnelleren Durchführung von Identitätsfeststellung seien mehrere sogenannte Aufarbeitungsschleusen eingerichtet worden, die "mangelnde Kooperationsbereitschaft der Angehaltenen" habe aber das Vorhaben extrem verzögert, so Kickl.

Während der stundenlangen Anhaltung habe es 22 Hilfeleistungen durch Polizisten gegeben, in der Mehrzahl "Überprüfungen der Vitalfunktionen nach Kreislaufproblemen". Drei Personen seien vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht worden.

Heißer Tee nach vier Stunden

Heißer Tee wurde Kickls Angaben zufolge erst rund vier Stunden nach Beginn der Anhaltung ausgeschenkt. Zur Erinnerung: Die Temperatur lag während des ganzen Tages unter null. Versorgung mit Wasserflaschen habe es aber schon viel früher gegeben, betont Kickl.

Auf die Fragen von Neos-Sportsprecher Douglas Hoyos, welche Maßnahmen er kritisch sehe oder ob es Verbesserungsbedarf bei der Planung ähnlicher Einsätze in der Zukunft sehe, lässt sich der Innenminister in seiner Antwort nicht ein. Die Neos halten ihre Kritik an der Unverhältnismäßigkeit des Einsatzes aufrecht: "Es gab keine Gespräche mit Fanvertretern, im Vorfeld wurde kein anderer Ort für die Identitätsfeststellung vorgesehen, die Engstelle wurde spontan festgelegt, die Dauer der Anhaltung wurde zu Beginn nicht bedacht." (simo, 22.2.2019)