Wien – Nach Taxlerprotesten und einem Taxigipfel haben sich die Wiener Taxler im Streit mit dem internetgesteuerten Fahrdienst Uber durchgesetzt. Mit der freien Preisgestaltung des Mietwagendienstes dürfte es – zumindest innerhalb des Wiener Gürtels – bald vorbei sein.

Denn mit dem Gelegenheitsverkehrsgesetz, wie die neue Regelung für Fahrdienste im Fachjargon heißt, soll ein Zentrumsgebiet geschaffen werden mit Fixtarifen nach Vorbild des Taxigewerbes statt der von Uber praktizierten algorithmusgesteuerten Preisfindung, erfuhr DER STANDARD in Wirtschaftskammerkreisen.

Proteste der Wiener Taxler wie diese Demonstration im Juni 2018 auf der Reichsbrücke haben sich offenbar bezahlt gemacht.
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Gegen die "Uber-Invasion"

Damit wolle man die regelmäßige "Uber-Invasion aus den Bundesländern" an Wochenenden ausbremsen, heißt es in der Kammer. Denn die inneren Bezirke seien zuletzt regelrecht überflutet worden, jeder freie Parkplatz sei von Autos mit Mietwagen-Kennzeichen, sogenannten MW-Autos, zugeparkt worden.

"Es sind auch transparente Tarifbestimmungen geplant, die regional unterschiedlich sein werden", verkündete Verkehrsminister Norbert Hofer via Aussendung. Man sei mit dem Gesetz im Endspurt, der aktuelle Verhandlungsstand, der bei allen Beteiligten auf Zustimmung stoße, "sieht vor, dass Taxis und Anbieter von Mietwagenfahrten künftig in einem Einheitsgewerbe zusammengefasst sind". Einig sei man auch bei der Ausbildung der Fahrer. Künftig müssten auch Mietwagenfahrer eine Taxilenkerausbildung absolvieren.

Dem Ziel näher

Damit wären die wichtigsten der nicht unumstrittenen Forderungen der Taxler erfüllt. Massive Proteste der Wiener Taxler samt Demonstration auf der Reichsbrücke im Juni scheinen sich gelohnt zu haben. Ob auch eine Taxilizenz, die Ortskenntnisse bescheinigt, notwendig ist, ließ Hofer offen. Für den Erwerb soll eine einjährige Übergangsfrist eingeräumt werden, berichtete Ö1. Der Einsatz von Smartphone-Buchungsmöglichkeiten wie bei Uber soll weiterhin möglich sein.

Uber-Fahrer und Gemeinderäte der Wiener Neos machten sich bereits im April 2018 für den US-Fahrdienstvermittler stark.
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Noch nicht alles geklärt

Ob das Gelegenheitsfahrgesetz im Juni ins Parlament kommt, bleibt abzuwarten. Wohl unterstützen die Verkehrssprecher der Regierungsparteien den Kompromiss, es seien aber noch nicht alle Punkte geklärt, wie es heißt.

Gegen eine derartige "Unterbindung des Wettbewerbs" treten die Wiener Neos ein. Das gehe klar zulasten der Konsumenten. Sie fordern stattdessen eine "moderne und liberale Regelung für alle Betreiber". Der Wiener Klubchef Christoph Wiederkehr plädiert für einen "Taxischein light": "Wir brauchen einheitliche Standards, aber was es nicht mehr braucht, ist, Straßennamen zu lernen."

Künftig soll es ein einheitliches Gewerbe für Taxi und Uber geben.

Die Verkehrssprecher von ÖVP und FPÖ, Andreas Ottenschläger und Christian Hafenecker konterten, dass der Gesetzesentwurf noch gar nicht vorliege und "alle Äußerungen zu diesem Thema nur Mutmaßungen und Verunsicherungen zulasten der Gewerbetreibenden und Bürger" seien. Die Verhandlungen mit Stakeholdern – in der Aussendung der beiden waren von "Steakholdern" die Rede – und Ministerien liefen sehr positiv. "Es wurde ein Graubereich ausgenutzt. Unsere Stoßrichtung war, ein Einheitsgewerbe mit gleichen Bedingungen für alle zu schaffen und dementsprechend Gerechtigkeit", verteidigt auch der Spartenobmann Transport und Verkehr in der Wiener Wirtschaftskammer, Davor Sertic, die Reform: "Es wird einen Einheitstarif geben und keine Möglichkeit mehr, außerhalb dieses Tarifes zu arbeiten."

Überall Standplätze

Die nicht nur bei jungem Publikum beliebten Uber-Autos mischen den Gelegenheitsverkehr in der Bundeshauptstadt seit 2014 auf. Laut Eigenangaben wurden im Vorjahr rund 200.000 Fahrgäste transportiert. Dieses Stück vom Kuchen fehlt natürlich den Taxlern, deren Innung Umsatzeinbußen von bis zu 40 Prozent beklagt.

Anzupassen sind in der Folge Verordnungen wie die Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung, in der Details wie der Zustand des Fahrzeugs und die Höhe des Grundtarifs festgelegt sind. Sie müssen im Wege der mittelbaren Bundesverwaltung adaptiert werden.

Auch Proteste in Deutschland

Widerstand gegen Uber gibt es nicht nur in Wien. In Deutschland protestierten am Donnerstag hunderte Taxler, nachdem Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) angekündigt hatte, den Fahrdienstmarkt liberalisieren zu wollen. Der Minister ruderte vor rund 700 Demonstrationsteilnehmern vor dem Bundesverkehrsministerium in Berlin zurück: "Keiner will das Taxigewerbe verdrängen", beteuerte er. "Wir werden auf einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Taxigewerbes, der Mietwagenbranche und den neuen Verkehrsmöglichkeiten achten."

Noch handele es sich bei dem vorgestellten Papier nur um Eckpunkte, so Scheuer, beschlossen sei nichts. "Eine vollständige Liberalisierung kann und wird es nicht geben." Man wolle Menschen vielmehr dazu bringen, auf Taxis und andere Personenbeförderungsmöglichkeiten umzusteigen, "damit nicht noch mehr Autos in die Innenstädte fahren".

Überzeugt dürften die Argumente nicht haben, der Minister wurde immer wieder von "Lügner"-Rufen unterbrochen. Scheuer will öffentlichen Nahverkehrsunternehmen unter anderem erlauben, eigene Mitfahrgelegenheiten anzubieten. Dabei dürfe der klassische Linienverkehr jedoch nicht "ersetzt, ergänzt oder verdichtet" werden, wie das Handelsblatt aus dem Mobilitätskonzept zitierte.

Mietwagenanbieter sollen die Möglichkeit bekommen, Poolingdienste anzubieten, ähnlich wie Sammeltaxis. Gegen eine Abschaffung der sogenannten Rückkehrpflicht für Mietwagenfirmen laufen Taxler Sturm. Derzeit müssen Fahrer von Uber und Co nach jeder Fahrt an den Hauptstandort zurückkehren und dürfen keine Fahrgäste von der Straße aufnehmen. In Wien drehte der US-Dienst den Spieß um: Nach einer Klage führte man ein neues Bestellmodell ein: Aufträge gehen nun in der Betriebsstätte der Mietwagenfirmen ein und werden auch dort bestätigt. (ung, aha, lauf, 21.2.2019)