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Die Ermordung von Ján Kuciak und Martina Kusnírová führte 2018 zu Massenprotesten.

Foto: AP / Bundas Engler

Täter und Mittelsmänner, aber keine Auftraggeber. Ein Jahr nach dem Mord an dem slowakischen Investigativjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnírová sind vier Personen wegen Mordes angeklagt. Von einer vollständigen Aufklärung kann dennoch keine Rede sein.

Immerhin "vorsichtig optimistisch" zeigt sich Scott Griffin, stellvertretender Direktor des International Press Institute (IPI), in einer Pressekonferenz in Wien. Die slowakischen Behörden hätten ihm erklärt, dass die Bekanntgabe eines oder mehrerer Auftraggeber des Verbrechens unmittelbar bevorsteht. Das wurde ihm allerdings nicht zum ersten Mal versprochen.

Suche nach Mastermind

Nach der Verhaftung von acht Personen vergangenen September und vier Anklagen liegt nun der Fokus auf der Suche nach dem Mastermind hinter den Morden. Ins Zentrum des Verdachts gerückt ist der umstrittene Oligarch Marián Kocner, der seit Juni wegen Wirtschaftsdelikten in anderen Fällen in Untersuchungshaft sitzt. Kocner sei in den vergangenen 20 Jahren in jeden wichtigen Skandal verwickelt gewesen, sagte Beata Balogová, Chefredakteurin der größten slowakischen Qualitätszeitung SME, am Mittwoch in Wien.

Der junge Investigativjournalist Kuciak recherchierte über Kocner und weitreichende mafiöse Verflechtungen bis in höchste Regierungsebenen. Am 21. Februar 2018 wurden der Redakteur des Newsportals aktuality.sk und seine Verlobte erschossen und erst vier Tage später in seinem Haus in Velká Maca tot aufgefunden.

In den darauffolgenden Massenprotesten auf der Straße und dem Rücktritt mehrerer hochrangiger Politiker sieht SME-Chefredakteurin Balogová ein Indiz dafür, dass öffentlicher Druck in ihrem Land noch funktioniert: "Die Slowakei hat noch freie Medien. Aber sie sind fragil."

Das Problem sei eine generelle Atmosphäre, in der Medien als "Feinde der Nation" dargestellt werden. Die Menschen würden ermutigt, Journalisten zu attackieren und zu bedrohen. Regierungschef Peter Pellegrini sei zwar moderner und nicht so extrem in der Kommunikation wie der zurückgetretene Robert Fico, aber nicht grundsätzlich medienfreundlicher.

Sorge bereitet Balogová auch der Blick auf das Nachbarland Ungarn: "Viktor Orbán hat eine Propagandamaschinerie entwickelt, in der freie Medien nur noch in kleinen Blasen existieren. Es ist fast surreal, wenn man zwischen den Sendern switcht: Überall hört man fast gleiche Formulierungen. Das erinnert an die kommunistische Zeit."

Das Beispiel des ungarischen Ministerpräsidenten habe eine fatale Vorbildwirkung: "Er kommt mit so viel davon, dass er damit auch andere Autokraten ermutigt."

Als deutlich schlimmer als in der Slowakei bezeichnet Griffin die Situation in Malta, wo 2017 die Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia mit einer Autobombe ermordet wurde: "Es gibt dort keinerlei Vertrauen der Medien oder der Öffentlichkeit in die Ermittlungen."

Kriminelle Verflechtungen

In der Slowakei hat der Journalistenmord die Medien laut Balogová geeint. Allerdings müssten die Medien auch ihre eigene Rolle in der Vergangenheit hinterfragen, wenn etwa der Oligarch Kocner in Celebrity-Sendungen auftauchte. Die Korruption reiche so weit, dass ein Toppolizist Kocner geholfen habe, Informationen über Journalisten zu sammeln. Balogová: "Es genügt nicht, die Auftraggeber des Mordes zu finden, sondern das ganze Netzwerk muss untersucht werden." (Karl Gedlicka, 20.2.2019)