Zur Erinnerung, Mr. President: There are no kangaroos in Austria.

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Wien – Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) soll "sehr positiv" in das Gespräch mit US-Präsident Donald Trump gehen, ihm aber auch "klar und dezidiert sagen, wo wir stehen". Diesen Rat formuliert die frühere Botschafterin in Washington, Eva Nowotny, im APA-Gespräch. Trump "respektiert, wenn man ihm entgegen tritt", so Nowotny, die mehrere Kanzlerbesuche im Weißen Haus begleitet hatte.

Offen ist laut Nowotny, ob es überhaupt ein fundiertes politisches Gespräch zwischen Kurz und Trump geben werde. "Bei Trump muss man hoffen, dass er weiß, wo es (Österreich) ist", sagte die langjährige außenpolitische Beraterin der Kanzler Fred Sinowatz und Franz Vranitzky (beide SPÖ) ironisch. "Man muss davon ausgehen, dass er über sich selbst redet. Er ist ein großer Selbstdarsteller." Sie gehe davon aus, "dass Kurz interessiert sein wird, Schönwetter zu machen". Trump sei nämlich "offen für jede Art von Schmeichelei. Das ist ein Hebel, den er (Kurz) ansetzen kann".

Sollten politische Fragen angesprochen werden, "wird der Bundeskanzler einen schweren Stand haben", so Nowotny unter Verweis auf die diametralen Gegensätze zwischen Trumps Außenpolitik und den österreichischen Positionen. So habe Österreich als UNO-Sitzstaat ein natürliches Interesse an internationalen Organisationen, sei als exportorientierte Nation für den Freihandel und pro-europäisch, während Trump "eine Schwächung bis Zerstörung der EU" wolle. "Das sind grundlegende Meinungsunterschiede. Das müsste angesprochen werden."

Ohne gebundene Hände

Der Hang, sich über internationale Verträge hinwegzusetzen, sei freilich ein "Grundphänomen der amerikanischen Politik", sagte Nowotny, die von 2003 bis 2008 österreichische Missionschefin in Washington war. Als etwa Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) bei seinem Treffen mit Trumps Vor-Vorgänger George W. Bush im Jahr 2005 auf menschenrechtliche Verpflichtungen gepocht habe, habe der Präsident repliziert: "Mr. chancellor, we don't like to have our hands tied down." (Herr Kanzler, wir lassen uns nicht gerne die Hände binden.)

"Echte Probleme" in den bilateralen Beziehungen zwischen Wien und Washington sieht Nowotny sie derzeit keine. Allerdings könnte es sein, dass die USA das österreichische Engagement für die deutsch-russische Ostseepipeline Nord Stream 2 thematisieren, die Washington bekämpft. Es könnte aber auch sein, "dass etwas völlig Überraschendes kommt", was in den Vorbereitungen des Besuchs kein Thema gewesen sei. Gegenüber Schüssel habe Bush etwa eine Sorgerechtsstreitigkeit angesprochen, erzählt Nowotny. Im Vorfeld von Spitzentreffen versuchten nämlich zahlreiche Interessensgruppen und Abgeordnete, auf die Tagesordnung Einfluss zu nehmen.

"Die warten nicht auf Österreich"

Sollte das Gespräch auf Russland kommen, solle Kurz "vehement die europäische Karte spielen", sagte Nowotny. Österreich habe zwar ein Interesse an funktionierenden Beziehungen zu Russland, doch spiele dieses "ähnlich wie Trump eine zersetzende Rolle in der EU. Es unterstützt rechtspopulistische Bewegungen und versucht die EU zu schwächen", sagte die Ex-Botschafterin. Skeptisch äußerte sie sich zum von Kurz wiederholt bemühten Bild eines Brückenbauers zwischen den USA und Russland. "Da sollte man sich zurückhalten, da macht man sich allzu leicht lächerlich. Die warten nicht auf Österreich."

Dass es für das Zustandekommen des Besuchs Vorleistungen von österreichischer Seite gegeben haben könnte, glaubt Nowotny nicht. "Der Besuch wurde schon vor einigen Monaten angeleiert", stellte sie einen Zusammenhang mit aktuellen politischen Entscheidungen in Abrede. "Beim Iran hoffe ich sehr, dass wir nicht aus dem europäischen Konsens ausbrechen", sagte sie mit Blick auf die Ablehnung des Wiener Atomabkommens durch die USA.

Kurz, der konservative Hoffnungsträger in Europa

Nowotny äußerte auch die Befürchtung, dass Kurz von bestimmten Kreisen in den USA instrumentalisiert werden könnte. "Kurz wird in Amerika verkauft als der konservative Hoffnungsträger in Europa, der weit rechts steht, aber noch anständig ist", sagte sie. Bisher habe Kurz dem nicht widersprochen, sagte sie mit Blick auf das umstrittene Lob des ultrakonservativen US-Botschafters in Berlin, Richard Grenell ("Rockstar"). Der Kanzler sollte darauf hinweisen, "dass Österreich einen anderen Hintergrund hat" als die USA, empfahl die langjährige Diplomatin.

Nowotny räumte ein, dass es Österreich als Kleinstaat schwer hat, sich in Washington Gehör zu verschaffen. "Österreich ist am amerikanischen außenpolitischen Radarschirm ein kleiner blinkender Punkt. Man muss schauen, dass dieser Punkt weiterblinkt", sagte sie. In den 1980er und 1990er Jahren sei es wegen des Kalten Krieges und der Balkankriege, bei denen Österreich als Nachbarland spezifische Expertise gehabt habe, noch etwas anders gewesen.

Obama war nicht in Österreich

Unklar ist für Nowotny, warum es unter Barack Obama (2009-17) kein bilaterales Treffen mit einem österreichischen Regierungschef gegeben hat. "Obama war in Prag, in Bratislava, aber er war nie in Österreich", sagte sie. Auch habe er sich "sehr für internationale Politik interessiert", schloss Nowotny nicht aus, dass man sich möglicherweise zu wenig um ein Treffen bemüht habe.

Für das Treffen von Kurz und Trump habe sich der US-Botschafter in Wien, Trevor Traina, sehr eingesetzt. "Traina hat seit seinem Eintreffen in Wien (im Mai 2018, Anm.) daran gearbeitet", sagte Nowotny. Ein Spitzentreffen sei nämlich "für einen Botschafter etwas Herzeigbares", so Nowotny mit Blick auf die harte Konkurrenz um die Aufmerksamkeit des US-Präsidenten. "Es gibt 193 Staaten, die rudern um einen Besuch in Washington", so Nowotny, die so bald kein weiteres Treffen von Kurz und Trump erwartet, zumal der US-Präsident auch "nicht sehr reisefreudig" sei. "Ich glaube, das war es auf einige Zeit." (APA, 17.2.2019)