Das türkis-blaue Personalkarussell nimmt Fahrt auf. Vor kurzem erst hat die Regierung offiziell verkündet, wie die neue Führung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) künftig aussehen soll. Für den SPÖ-Mann und bisherigen Notenbankgouverneur Ewald Nowotny ist kein Platz mehr, eine türkis-blaue Mannschaft rückt dafür ein. Aktuell sorgt für Diskussionen, dass der Vertrag des SPÖ-nahen Statistik-Austria-Chefs Konrad Pesendorfer nicht verlängert werden soll. Parallel dazu ist Verbund-Aufsichtsratschef Gerhard Roiss zurückgetreten: Der Staat ist am Verbund beteiligt und will seine Kontrollrechte stärker ausüben.

Dass das Führungspersonal wichtiger staatlicher Organisationen und staatsnaher Unternehmen nach einem Regierungswechsel neu besetzt wird, ist nichts Neues. Jedem, der sich über die aktuellen Vorgänge beklagt, muss klar sein, dass es SPÖ und ÖVP in ihrer gemeinsamen Regierungszeit ganz gleich gemacht haben. Das trifft umso mehr auf Institutionen wie die Statistik Austria zu, die direkt von Regierungsseite beaufsichtigt werden.

Allerdings wird es wichtig sein, die Vorgänge in den kommenden Wochen und Monaten genau zu beobachten. Denn bei der Umfärbung gibt es sehr wohl demokratiepolitische rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen. Was nicht geht, ist, Organisationen so umzubauen, dass ihnen jede Möglichkeit genommen wird, mit der Öffentlichkeit eigenständig zu kommunizieren, wodurch sie zu einem verlängerten Arm für die Verkündung der Regierungspolitik werden.

Wenn die Presseabteilung der Statistik Austria nun zusammengestutzt wird und die Außenkommunikation künftig vom Bundeskanzleramt "koordiniert" werden soll, dann besteht genau diese Gefahr.

Aber was wäre daran überhaupt problematisch? In der aktuellen Debatte ist schließlich oft zu hören, dass sich die Statistik Austria auf die Sammlung von Daten beschränken soll und nicht, wie unter dem bisherigen Chef Pesendorfer, auch in öffentlichen Debatten so präsent sein muss.

Eigene Standpunkte und Analysen

Diese Sichtweise übersieht einen wichtigen Aspekt. Die große Stärke der österreichischen Demokratie ist, dass eine Reihe öffentlicher Organisationen existieren, die sich einen gewissen eigenständigen Spielraum erhalten haben. Ja, die Spitzen dieser Einrichtungen sind immer schon nach parteipolitischen Kriterien besetzt worden. Und doch trauen sich diese Organisationen in der Öffentlichkeit immer wieder, eigene Standpunkte und Analysen zu formulieren, sei es zur Umwelt-, Arbeitsmarkt- oder Sozialpolitik. Zu dieser Gruppe gehören neben der Statistik Austria das Arbeitsmarktservice, die Finanzmarktaufsicht, der Rechnungshof und die Notenbank. Auch die Sozialversicherungen sind ein wichtiger Player, die sich selbst verwaltenden Kammern sowieso.

Sie alle tragen dazu bei, dass der österreichischen Demokratie etwas Behäbiges und Langsames innewohnt. Irgendwie scheint sich fast jeder zu allem zu äußern, Debatten dauern oft lang und laufen chaotisch ab. Doch all das ist auch ein Sicherheitspolster für die Demokratie, deren Lebenselixier der Dissens schließlich ist, egal wie vorsichtig er vorgetragen wird.

Ein Blick über die Grenze genügt, um zu sehen, wie gefährlich es für eine Demokratie wird, wenn es all diese Stimmen nicht mehr gibt: In Ungarn sind staatliche und staatsnahe Organisationen allesamt gleichgeschaltet worden. (András Szigetvari, 13.2.2019)