Um mehr Verkehrssicherheit auf dem Schulweg zu erreichen, fordert eine Petition mit 35.000 Unterstützern verpflichtende Abbiegeassistenten.

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Die Wiener Linien werden ihre Busse nicht umrüsten. Durch die großen Fensterscheiben und die Türen auf der rechten Seite des Fahrzeugs habe der Fahrer fast keine Blickfeldeinschränkungen.

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Wien – Die Stadt Wien rüstet ihre Lkws auf Abbiegeassistenten um. Fix mit den Systemen ausgestattet wird der Lkw-Fuhrpark der Verkehrsabteilungen der Stadt (Straßenbau, Brückenbau und Licht). Er umfasst 37 Lkws über 3,5 Tonnen. Die Umrüstung erfolgt ab sofort, gab das Büro von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) am Montag bekannt.

Die Umrüstung soll in den kommenden Monaten abgeschlossen werden. Die Abteilungen hätten bereits mit den Herstellern Kontakt aufgenommen, heißt es aus Vassilakous Büro. Einige Fahrzeuge sind bereits mit Rückfahrkameras ausgestattet, sie werden ebenfalls umgerüstet.

Nach Schutz vor Schulen "nächster Schritt"

"Wir setzen jetzt die nächsten Schritte zum Schutz unserer Kinder im Straßenverkehr", sagt Vassilakou. Nachdem die Stadt am Freitag einen Dreipunkteplan für mehr Verkehrssicherheit vor Volksschulen präsentiert hatte, seien jetzt die stadteigenen Lkws dran. "Was ich in meinem Wirkungsbereich tun kann, das tue ich auch", sagt Vassilakou und warnt davor, "die Sicherheit unserer Kinder im Straßenverkehr in einen politischen Arbeitskreis zu verräumen".

Asfinag, ÖBB, Bundesheer, Bundesforste und Polizei seien ebenso aufgefordert zu handeln. "Ich hoffe sehr, dass sich Verkehrsminister Hofer seiner Verantwortung bewusst ist und auch die nötigen Schritte setzt", sagt Vassilakou.

Auch Sima prüft Systeme für MA 48

Umgerüstet könnten aber auch weitere Fahrzeuge des rund 500 Lkws umfassenden Fuhrparks der Stadt werden. Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) kündigte am Montag gegenüber der APA an, ab sofort ein System in ihrem Zuständigkeitsbereich testen zu wollen. Darunter fallen etwa die rund 300 Müllfahrzeuge der MA 48.

Noch am Montag werde der Assistent in ein erstes Testfahrzeug eingebaut. Nach wenigen Tagen soll dann feststehen, ob der flächendeckende Einbau den gewünschten Nutzen bringt. Ist das der Fall, beginnt kommende Woche die Umrüstung, verspricht Sima. 3.000 Euro kostet das System pro Fahrzeug, bei Neuanschaffungen soll der Abbiegeassistent bereits mitgeliefert werden.

Man habe schon in den vergangenen Jahren immer wieder derlei Systeme getestet, die Ergebnisse seien allerdings nie zufriedenstellend gewesen, argumentiert Sima. Deshalb habe man für die Mistautos mit Experten einen speziellen Zusatzspiegel entwickelt, um den toten Winkel zu eliminieren. Dieser sei bereits bei allen MA-48-Fahrzeugen im Einsatz.

Petition mit 35.000 Unterschriften

Mit der Aufrüstung reagiert die Stadt auf eine Petition mit mittlerweile mehr als 35.000 Unterstützern, die nach dem tödlichen Schulwegunfall eines Neunjährigen verpflichtende Abbiegeassistenten fordert. Der Bub war von einem abbiegenden Lastwagen übersehen und getötet worden.

FPÖ Wien will alle Fahrzeuge umrüsten

"Die Maßnahme macht nur dann Sinn, wenn alle städtischen Großfahrzeuge mit einem entsprechenden Abbiegeassistenten ausgestattet werden", reagierte Dominik Nepp, nichtamtsführender Bürgermeister der FPÖ. "Warum die Rathauskoalition diesbezüglich so lange untätig blieb, ist unerklärlich." Der tote Winkel sei vor allem im städtischen Verkehr eine große Gefahr. "Stadträtin Sima muss eine entsprechende Umrüstung für alle Großfahrzeuge der Stadt veranlassen, um den Wiener Straßenverkehr vor allem für Fußgänger und Schulkinder sicherer zu machen." Sprich: auch die rund 470 Busse der Wiener Linien.

"Das ist für uns kein Thema", heißt es bei den Wiener Linien auf STANDARD-Anfrage. Zwar seien die Busse groß und schwer wie Lkws, aber im Detail liege der Unterschied. Der Fahrer eines Linienbusses habe "so gut wie keinen toten Winkel", sagt ein Sprecher. Die Frontscheibe gehe viel weiter hinunter als bei einem Lkw, auch die Türen auf der rechten Seite aller neuen Busse bestünden durchgehend aus Glas. Zudem stünden die Fahrer vor einer anderen Situation. Wegen ihrer Fahrgäste würden sie vorausschauernder fahren, um abruptes Bremsen zu vermeiden. Zudem würden die Fahrer ihre Strecken und die örtlichen Gegebenheiten gut kennen – etwa wo sich Schulen befinden.

Hofer will Sicherheitsgipfel

Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) kündigte indes einen Lkw-Sicherheitsgipfel für Dienstag kommender Woche an. Dabei soll über die möglichst rasche Einführung eines Abbiegeassistenzsystem für Lkws beraten werden. "Die EU plant die verpflichtende Ausrüstung neuer Lkws mit diesem Assistenzsystem erst im Jahr 2024. Ich möchte gemeinsam mit den Experten, Interessenvertretungen, Technikern und Politikern hier den Status quo diskutieren und zu konkreten Lösungen kommen, um Österreich als Vorreiterland zu positionieren. Die technische Machbarkeit der Nachrüstung von Lkws mit Abbiegeassistent ist vorhanden, jetzt geht es um die Umsetzung auf politischer Ebene", sagt Hofer. (ook, 11.2.2019)