Die Causa Bezos rückt Nacktfotos in die öffentliche Debatte

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Wer in den Hörsaal einer Universität geht, hat sehr gute Chancen, eine Vielzahl von Menschen zu treffen, die bereits Nacktfotos verschickt haben: Aktuelle Studien behaupten, dass jeder dritte Student bereits Sexting betrieben und dabei gewisse Körperteile abfotografiert hat. Auch bei Teenagern wird diese explizite Form des Flirtens immer beliebter. Aber es ist keine jugendliche Torheit, sondern eine Praxis, die auch bei älteren Semestern vorkommt – und derzeit zu massiven politischen Implikationen führt.

So wurde Amazon-Chef Jeff Bezos laut eigenen Angaben mit der potenziellen Veröffentlichung von Fotos seiner Genitalien erpresst. Die soll Bezos seiner Geliebten geschickt haben. Die Bilder gelangten in die Hände des US-Tabloids "National Enquirer", das enge Beziehungen zu Präsident Donald Trump hat. Bezos' Privatermittler Gavin de Becker behauptet nun, dass die Nacktfotos von einer "Regierungsbehörde" abgefangen wurden.

"Watergate der Unterhosen"

Nähere Details sind noch Mangelware. Bezos sprach selbst von einer möglichen Verbindungen nach Saudi-Arabien. Aber US-Medien spekulieren, dass auch russische Behörden oder sogar US-Nachrichtendienste eine Rolle gespielt haben könnten. Auf Twitter kursiert daher schon der Scherz vom "Watergate der Unterhosen". Fakt ist aber, dass dank der Causa Bezos Penisfotos erstmals eine geopolitische Rolle spielen.

Causa Weiner

Doch schon zuvor hatten Nacktfotos weltweite Auswirkungen. Schuld war der frühere Kongressabgeordnete Anthony Weiner, der sich gleich mehrfach beim Sexting erwischen ließ. Legendär ist sein unabsichtlicher öffentlicher Tweet, in dem er seine Genitalien zeigte – er wollte das Bild eigentlich per Privatnachricht verschicken. 2016 beging Weiner dann das Verbrechen, mit einer Minderjährigen Sexting zu betreiben.

Da Weiners Ex-Ehefrau Huma Abedin in der Wahlkampagne von Hillary Clinton mitarbeitete und man auf Weiners Laptop E-Mails fand, die in Clintons Affäre rund um die Nutzung eines privaten Servers noch nicht untersucht worden waren, eröffnete das FBI offiziell die Untersuchung rund um Clinton erneut. Das befeuerte Trumps Wahlkampf – man denke an den Schlachtruf "Lock her up!" (Sperrt sie ein!) – und könnte Clinton schlussendlich den Sieg gekostet haben.

Immer populärer

Der Umgang mit Nacktfotos und deren Veröffentlichung steht schon länger an einem Scheideweg. Da Sexting immer weiter verbreitet ist, sollte eigentlich die Schamgrenze bei einer Veröffentlichung der Fotos gesenkt werden. Wer selbst Nacktfotos verschickt, wie rund ein Drittel der jungen Erwachsenen, kann andere schlecht dafür verurteilen. Der Fall Bezos zeigt, dass ein konfrontatives Vorgehen gegenüber Erpressen Lob und Anerkennung findet. Doch der befindet sich auch in einer anderen Situationen als ein Teenager, dessen Nacktbilder von Schulkollegen per Whatsapp weiterverbreitet werden.

Die Bundesregierung hat sich nun jedenfalls dafür entschieden, das unerlaubte Weiterleiten von Nacktfotos stärker zu bestrafen. Am Sonntag wurde bekannt, dass beim Stalking-Paragrafen eine Erweiterung der Tatbestände geplant ist, und zwar bei der "Veröffentlichung von Tatsachen oder Bildaufnahmen des höchstpersönlichen Lebensbereichs einer Person ohne deren Zustimmung". Die Initiative Safer Internet empfiehlt Jugendlichen jedenfalls, Nacktfotos so gut wie möglich zu anonymisieren. Aufnahmen mit dem eigenen Gesicht darauf sollten vermieden werden. Außerdem sollten die Bilder regelmäßig vom Telefon des Empfängers gelöscht werden. (fsc, 10.2.2019)