Wien – Die private börsennotierte Österreichische Staatsdruckerei soll das Druckmonopol für österreichische Reisepässe und andere Sicherheitsdokumente verlieren. Ein entsprechender Antrag auf Änderung des Staatsdruckereigesetzes wurde von den Verfassungssprechern der Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ eingebracht und dem Verfassungsausschuss zugewiesen, berichtet die Parlamentskorrespondenz am Freitag.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im März 2018 eine europaweite Ausschreibung derartiger Aufträge eingefordert. Würde Österreich dem EuGH-Urteil nicht Rechnung tragen, drohten finanzielle Sanktionen, heben die Verfassungssprecher der Regierungsparteien, Wolfgang Gerstl (ÖVP) und Harald Stefan (FPÖ), in den Erläuterungen hervor. Betroffen von der Gesetzesänderung wären auch Notpässe, Aufenthaltstitel, Personalausweise, Führerscheine und Zulassungsbescheinigungen im Chipkartenformat, deren Druck künftig ebenfalls auszuschreiben sei.

"Sichere Identität"

Wann der Antrag im Verfassungsausschuss behandelt wird steht noch nicht fest. Die Staatsdruckerei will auf APA-Anfrage den parlamentarischen Prozess nicht kommentieren. "Künftig allfällig veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen werden wir selbstverständlich berücksichtigen", heißt es vonseiten des Unternehmens. Jedenfalls sieht sich die Firma gut aufgestellt und verweist auf das nationale und internationale Interesse an den Hochsicherheitsprodukten rund um "sichere Identität". Für die Zukunft sei man mit dem ersten digitalen Ausweis- und Identitätsmanagementsystem MIA sehr gut vorbereitet.

Der EuGH hatte Österreich am 20. März wegen der Direktvergabe öffentlicher Aufträge für Ausweise und amtliche Dokumente an die private Staatsdruckerei verurteilt. Österreich habe gegen EU-Bestimmungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge verstoßen, so die Luxemburger EU-Richter. Dienstleistungsaufträge über die Herstellung von Reisepässen mit Chips, Notpässen, Aufenthaltstiteln, Personalausweisen, Führerscheinen im Scheckkartenformat und Zulassungsbescheinigungen im Chipkartenformat habe Österreich aufgrund nationaler Vorschriften ohne vorherige Ausschreibung auf Ebene der Europäischen Union unmittelbar an die Österreichische Staatsdruckerei GmbH vergeben. Damit gab der EU-Gerichtshof der EU-Kommission in dem Rechtsstreit (C-187/16) weitgehend recht.

Privatisiert

Die Österreichische Staatsdruckerei war im Jahr 2000 unter der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung zu 100 Prozent privatisiert worden. Haupteigentümer des Unternehmens mit Sitz in Wien-Liesing sind dessen Vorstandschef Robert Schächter und sein Geschäftspartner, der Investor und frühere LIF-Politiker Johannes Strohmayer. Kernaktionäre der Gesellschaft sind mit einem Anteil von 45,7 Prozent die GRT Privatstiftung – sie ist Schächter zuzurechnen – und mit 45,64 Prozent die G3 Industrie Privatstiftung von Strohmayer sowie mit einer Beteiligung von 4,9 Prozent die Staatsdruckerei Mitarbeiter Privatstiftung. (APA, 8.2.2019)