Wien/Kiew – Der ORF-Korrespondent in der Ukraine, Christian Wehrschütz, wird wahrscheinlich keine Akkreditierung im Frontgebiet der Ukraine erhalten. Dies teilte der ukrainische Botschafter Olexander Scherba der APA am Donnerstag in einer schriftlichen Erklärung mit. Scherba begründete die Entscheidung Kiews mit ORF-Dreharbeiten auf der russischen Krim-Brücke.

"Wie ich von Außenministerium der Ukraine informiert wurde, ist eine Akkreditierung von ORF-Korrespondenten Herrn Wehrschütz im Kriegsgebiet der Ukraine unwahrscheinlich", erklärte Scherba. Der Grund sei eine Reportage des ORF-Korrespondenten vom 30. Juli 2018, in der gezeigt werde, wie Wehrschütz' Kamerateam die "illegal gebaute" Krim-Brücke überquere. Konkret ist die Rede von einem Beitrag Wehrschütz', der am 29. Juli in der Zeit im Bild 1 ausgestrahlt und am 30. Juli auch auf der Facebook-Seite des Journalisten veröffentlicht wurde.

Bruch der Einreiseregelung

Diese Dreharbeiten stellten einen Bruch der Einreiseregelung für die vorübergehend besetzte Gebiete der Ukraine dar, betonte Scherba. Das Bereisen der Krim-Brücke, die russische Territorium mit von Russland besetztem Territorium verbinde, sei gesetzwidrig. "Herr Wehrschütz wusste ganz genau, dass dadurch die Souveränität der Ukraine verletzt und ein Verbrechen begangen wurde", erklärte der Botschafter.

Scherba verwies gleichzeitig auf eine Erklärung des ORF-Journalisten, der im vergangenen Sommer auf seiner Facebook-Seite geschrieben hatte, die Brücke nicht persönlich bereist zu haben, sondern einen Bekannten darum gebeten zu haben. "Dies ist nicht beweisbar. Jedoch sollte es sogar den Tatsachen entsprechen, bleibt es immer noch ein Affront gegenüber der Ukraine", erklärte Scherba. Aus der Sicht der journalistischen Ethik mache es keinen großen Unterschied, das Gesetz eines fremden Landes selbst zu brechen oder jemanden dazu anzustiften, begründete der ukrainische Diplomat.

Keine Reaktion auf kritische Haltung

Wehrschütz selbst hatte damals auf Facebook geschrieben, dass nicht nicht er, sondern ein lokaler Kameramann und ein Fahrer die Brücke befahren haben. Letzterem habe er auch sein Handy mitgegeben. Der ukrainische Botschafter unterstrich abschließend, dass die Verweigerung der Akkreditierung für die Frontgebiete keine Reaktion auf Wehrschütz' kritische Haltung gegenüber der Ukraine sei, sondern auf eine bewusste Missachtung der Gesetze des Landes. Dies bedeute nicht, dass österreichische Journalisten und der ORF in der Ukraine nicht willkommen seien. "Solange sich ein Journalist an die Gesetzgebung hält, entstehende keine Schwierigkeiten", erklärte der Diplomat, der eigenen Angaben ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und das Büro von Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka über die Gründe der Akkreditierungsverweigerung informiert hat.

ORF weist Vorwürfe zurück

Der ORF sieht indessen keine Gründe, die eine Verwehrung der Akkreditierung für Wehrschütz rechtfertigen würden, erklärte das Unternehmen am Donnerstag gegenüber der APA. "Wir weisen die Vorwürfe zurück", hieß es in der Stellungnahme des ORF. Man hoffe jedoch weiterhin auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit den ukrainischen Behörden und gehe davon aus, dass das Akkreditierungsgesuch von Wehrschütz nach Klärung des Sachverhalts positiv beschieden werde, erklärte das Unternehmen.

"Wir beharren auf unserem Standpunkt, dass Eingriffe in die journalistische Berufsausübung und Einschränkungen der Pressefreiheit nicht tolerierbar sind", betonte der ORF abschließend. (APA, 7.2.2019)