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Seltenes Ereignis: Donald Trump im Oval Office, dem Büro des US-Präsidenten.

Foto: AP Photo/Jacquelyn Martin

Eine drohende Haushaltssperre, Staatsanwälte, die gegen zahlreiche Mitglieder aus Trumps Wahlkampfteam ermitteln, und da und dort eine Weltkrise – eigentlich könnte sich der amtierende US-Präsident nicht über Arbeitsmangel beklagen.

Dennoch herrscht im Terminkalender Donald Trumps gähnende Leere. Das Online-Portal Axios hat den – eigentlich geheimen – Terminplan des Weißen Hauses der vergangenen drei Monate veröffentlicht. Der erste Arbeitsordnungspunkt beginnt gleich mit einer Lüge, so Axios. Denn laut Terminkalender ist Trump von acht bis elf Uhr morgens im Oval Office, dem Büro des Präsidenten im Westflügel des Weißen Hauses. Unter Berufung auf mehrere Quellen berichtet Axios jedoch, dass sich Trump in dieser Zeit weiterhin in seiner Residenz befindet. "Executive Time", wie es im Terminkalender genannt wird: Mit dieser Wortfloskel ist gemeint, dass der Präsident ohne Stabsmitglieder in seiner Residenz fernsieht, Zeitung liest, tweetet oder mit Freunden, Beratern und Politikern telefoniert.

"Executive Time"

Die "Executive Time" nimmt überhand, immer seltener geht der Präsident einem geregelten Arbeitstag nach. In den vergangenen drei Monaten verbrachte Trump so 60 Prozent seiner Arbeitstage. Seit den Kongresswahlen am 7. November hat Trump laut Axios 297 Stunden mit "Executive Time" verbracht, gleichzeitig aber nur 55 Stunden an offiziell geplanten Meetings, Briefings und Sitzungen teilgenommen.

Manche Tage bestehen überhaupt fast nur mehr aus "Executive Time". Am Freitag, dem 18. Jänner, hatte Trump zum Beispiel nur zwei halbstündige Treffen mit dem Finanzminister und dem Stabschef – den Rest des Tages: "Executive Time".

Freitag, 18. Jänner: Der Präsident trifft sich mit seinem Stabschef und seinem Finanzminister. Dazwischen "Executive Time"

Allerdings stehen nicht nur Tweets und TV auf dem Tagesprogramm. Wie Axios weiter berichtet, führt Trump in diesen ungeplanten Stunden seines Arbeitstags auch Gespräche, von denen seine Mitarbeiter nichts mitbekommen. Während der "Executive Time" finden ebenso Treffen mit Beratern oder den Juristen des Weißen Hauses statt wie Telefonate mit ausländischen Staatschefs – ohne dass sein Stab oder der Rest der US-Regierung darüber informiert werden.

"Unstrukturierte Präsidentschaft"

Chris Whipple, der ein Buch über die Rolle des Stabschefs im Weißen Haus geschrieben hat, meint zu den neuen Enthüllungen gegenüber Axios: "Trump ist ein Typ, der der Phrase ‘unstrukturierte Präsidentschaft’ neue Bedeutung gibt."

Der Tagesplan Trumps steht im krassen Widerspruch zu seinen Vorgängern. George W. Bushs Terminkalender als Präsident war durchgeplant: Um 5:15 Uhr morgens wachte er auf, eineinhalb Stunden später saß er bereits im Oval Office, das erste Treffen mit Beratern begann in der Regel um 8:15 Uhr. Derart durchgetaktet ging es in der Regel bis sechs Uhr abends weiter. Auch Trumps Vorgänger Barack Obama hatte einen deutlich längeren Terminkalender: Im Oval Office erschien er in der Regel um neun Uhr morgens, Treffen und Besprechungen dauerten bis mindestens sechs Uhr abends.

Posten bleiben unbesetzt

Der ungeregelte Arbeitstag des amtierenden Präsidenten hat insbesondere deswegen einen bitteren Beigeschmack, weil die Rädchen der US-Regierung derzeit nicht ganz reibungslos laufen: Sowohl der Posten des Stabschefs als auch jene des Justiz-, Verteidigungs-, Innen- und Umweltministers sind nur provisorisch besetzt. Von 705 Regierungsposten, die vom Senat bestätigt werden müssen, sind 150 unbesetzt, berichtet die "Washington Post".

Davon unbeeindruckt sagte Trumps Pressesprecherin Sarah Huckabee Sanders als Reaktion auf die Enthüllungen: "Präsident Trump hat einen anderen Führungsstil als seine Vorgänger, und die Resultate sprechen für sich." (red, 5.2.2019)