Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und Bundeskanzler Sebastian Kurz am Freitag in Bad Gleichenberg

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Graz/Linz – An sich wäre die Sache klar: Bei der steirischen Landtagswahl hat die SPÖ mit 29,29 Prozent der Stimmen und 15 Landtagssitzen den ersten Platz vor der ÖVP (28,45 Prozent, 14 Mandate) und der FPÖ (26,76 Prozent, ebenfalls 14 Mandate) errungen. Weil die SPÖ aber der ÖVP den Landeshauptmannsessel überlassen hat, erscheint sie in den Augen der meisten Steirer irrtümlicherweise als der Juniorpartner in der Landeskoalition.

In einer für die steirische Wählerschaft repräsentativen Umfrage (n=793) fragte das Linzer Market-Institut im Auftrag des STANDARD: "Können Sie mir bitte sagen, welche Partei Ihrer Meinung nach die stärkste im steirischen Landtag ist, also die meisten Mandate hat?"

Darauf nannten nur 24 Prozent korrekt die SPÖ, 58 Prozent aber die Volkspartei. Market-Institutsleiter David Pfarrhofer weist darauf hin, dass selbst die erklärten Anhänger der SPÖ mehrheitlich glauben, dass die ÖVP stärkste Partei wäre.

Und wie es aussieht, könnte sie das auch bleiben: "Die ÖVP dominiert die steirische Politik – wenn jetzt Wahlen wären, würde sie mit großer Sicherheit den ersten Platz belegen", sagt Pfarrhofer, der die Sonntagsfrage in der Vorwoche hochgerechnet hat. Demnach könnte die ÖVP derzeit mit 30 Prozent rechnen, die SPÖ mit 27 und die FPÖ mit 24.

Gestärkt würden die Grünen, die sich von 6,68 Prozent auf etwa neun Prozent steigern könnten, sowie die Neos, die in der Hochrechnung auf vier Prozent kommen (in der Wahl 2015 hatten sie 2,64 Prozent). Die Kommunisten blieben mit hochgerechnet vier Prozent etwa gleich (4,22 Prozent bei der letzten Wahl).

Keine Wahlprognose

Allerdings verweist Pfarrhofer auf das ewige Mantra der politischen Meinungsforschung: "Umfragen sind keine Wahlprognosen, sondern Momentaufnahmen. Bis zu einer Wahl, von der man nicht weiß, wann und mit welchen Wahlkampfthemen sie stattfinden wird, kann sich noch sehr viel verschieben."

Gerüchte, die von einer Vorverlegung der Landtagswahlen wissen wollen, hat Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) am Wochenende selbst befeuert. Populär wären Neuwahlen allerdings nicht: In der aktuellen STANDARD-Umfrage sagen 72 Prozent der Steirer, dass die Landesregierung und der Landtag wie geplant bis zum Jahr 2020 weiterarbeiten sollen – wobei dieser Wunsch am stärksten von den erklärten Anhängern der ÖVP vertreten wird.

Nur 14 Prozent wollen rasch wählen

Einen Wunsch nach Neuwahlen des steirischen Landtags und der Bildung einer neuen Landesregierung äußern nur 14 Prozent, weitere 14 Prozent haben keine Meinung zum Wahltermin.

Bei der Abgeordnetenkonferenz in Bad Gleichenberg mit Bundeskanzler Sebastian Kurz, dem ja nachgesagt wird, die steirischen Parteifreunde zu Neuwahlen zu drängen, warnte Schützenhöfer die politische Konkurrenz und auch Koalitionspartner SPÖ, er lasse sich "nicht an der Nase herumführen" und sich eineinhalb Jahre Wahlkampf diktieren. Die ÖVP sei "gut unterwegs" und gewappnet, was Schützenhöfer umgehend mit der Präsentation der Plakatkampagne "Land der Talente" demonstrierte, auf der er inmitten einer Kinderschar zu sehen ist.

Mögliche Bruchlinien

Einen möglichen Anlass für vorgezogene Wahlen könnte der Streit um ein Leitspital in der Obersteiermark, in der Region Liezen, bieten. Dieses geplante Großspital würde die Spitäler Bad Aussee, Schladming und Rottenmann in der jetzigen Form obsolet machen. FPÖ und KPÖ initiierten nun eine Volksbefragung zur Erhaltung der alten Krankenhäuser.

Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (ÖVP) will am Plan eines Leitspitals festhalten. Wahlstrategisch hat die ÖVP im Bezirk nicht viel zu verlieren, hier sind vor allem SPÖ und FPÖ stark. Die Roten sind in der Spitalsfrage gespalten. Die Bezirks-SPÖ will die alten Spitäler erhalten, Landeshauptmannvize Michael Schickhofer aber koalitionstreu zu Schützenhöfers ÖVP stehen. Der Konflikt birgt jedenfalls einige Bruchlinien in sich.

Steirer sehen Land auf dem richtigen Weg

Offensichtlich ist in der STANDARD-Umfrage, dass die steirische ÖVP vom politischen Klima im Land profitiert. Während je 41 Prozent der Steirer meinen, dass sich Österreich insgesamt in die richtige beziehungsweise in die falsche Richtung entwickle (18 Prozent machen keine Angabe), ist die Meinung über die steirische Entwicklung positiver: 56 Prozent sagen, dass sich das Land in die richtige Richtung entwickle, nur 20 Prozent meinen, es entwickle sich falsch. "Das sind Werte, wie wir sie vor der Niederösterreich-Wahl im Vorjahr für Niederösterreich gemessen haben – das war eine Stimmungslage, die für die Landeshauptfrau sehr günstig war", sagt Pfarrhofer.

Ähnliches gelte für die Steiermark: Der ÖVP wird mehr als jeder anderen Partei zugetraut, dass sie klare Vorstellungen von der Zukunft des Landes habe.

Bei dieser Frage fällt die Einschätzung für die SPÖ besonders schwach aus: Mit 30 Prozent, die den Sozialdemokraten klare Zukunftsvorstellungen zutrauen, ist die SPÖ auf demselben Niveau wie die Kommunisten.

Den Freiheitlichen werde dagegen mit 39 Prozent deutlich mehr Gestaltungswillen zugetraut, analysiert der Market-Institutsleiter: "Wir haben auch gefragt, wer die Themen in der Landespolitik vorgibt. Da wird von 53 Prozent zuerst einmal die ÖVP genannt, die Roten und die Blauen haben je zwölf Prozent Erstnennungen. Schaut man sich die weiteren Nennungen an, dann bekommt die FPÖ noch 35 Prozent dazu. Das sind also Leute, die sagen, dass die FPÖ irgendwie auch Themen einbringt. Die SPÖ liegt bei den Zweitnennungen etwas dahinter, da sind es nur 32 Prozent. Das darf man nicht überbewerten, aber es zeigt schon auch einen Wandel gegenüber jener Zeit, als Franz Voves Landeshauptmann war."

Die von Voves und Schützenhöfer eingeleiteten Reformen haben für 70 Prozent der Steirer keine persönlichen Auswirkungen gehabt – für 15 Prozent positive, für neun Prozent negative. Negative Auswirkungen nennen vor allem ältere Befragte – und Anhänger der KPÖ. (Conrad Seidl, Walter Müller, 4.2.2019)