Für das neue Album seiner Band The Night Beats ging Danny Rajan Billingsley zu den Dan Auerbach nach Nashville. "Myth of a Man" charmiert mit Vintage Sounds.

Pias

Zwei Männer und eine Mission, das klingt nach einer Wiese, die gemäht ist. Aber: Irrtum. Denn die Missionare heißen Jack White und Dan Auerbach, und die können nicht miteinander. Dabei sind sie wesentlich dafür verantwortlich, dass die Musikstadt Nashville auch abseits des üblichen Howdy- und Kuhbubengeschunkels brummt und boomt.

Nashville im_Bundesstaat Tennessee ist die Country-Metropole der Welt und gilt seit jeher als stockkonservativ. Zwar erschütterten in den späten 1960ern Bob Dylan und später Typen wie Kris Kristofferson oder Willie Nelson das Weltbild des strengen Country-Ordens, richtig warm wurde man mit Musik, zu der man keinen Gaul zureiten konnte aber nie.

Stur und stolz

Diesen so sturen wie stolzen Konservativismus unterlaufen Jack White und Dan Auerbach seit einigen Jahren auf perfide Weise. Beide leben und betreiben in Nashville ihre Studios und Labels, beide wurden mit Bands berühmt, die sich auf Country, Blues und frühen Rock‘n‘Roll beziehen, auf nachhaltig einfach gebaute Musik. White war eine Hälfte der White Stripes, Dan Auerbach ist Chef der Black Keys. White warf den Black Keys einst vor, dass es sie ohne seine Band gar nicht geben würde, diverse Wickel sind überliefert, sogar von Handgreiflichkeiten war die Rede.

Dan Auerbach
Foto: warner

Freunde werden die beiden in diesem Leben also eher nicht mehr, wenn eine Band einen gepflegten Vintage-Sound sucht, haben aber beide ein einschlägiges Angebot: White betreibt Third Man Records, Auerbach Easy Eye Sound.

Jack White
Foto: APA

Auerbach gilt als der sonnigere Typ; bei ihm hat zuletzt der aus dem Garagenrock kommende Danny Rajan Billingsley angefragt. Der betreibt die Band The Night Beats. Blöderweise sind ihm seine Mitstreiter abhandengekommen, zur Neuausrichtung seiner Musik ging er nach Nashville und produzierte mit Auerbach das eben erschienene Album Myth of a Man, das eloquent Sounds aus Fifties-Pop und Sixties-Rock durchmisst.

The Night Beats unter Auerbachs Produktion.
Night Beats

Auerbach hat dafür alles, was er braucht. Alte Instrumente und Mikrofone, analoge Technik und eine Studio-Mannschaft auf Abruf, die schon mit Elvis Presley oder Aretha Franklin gearbeitet hat. Aus dieser Mischung entsteht ein Sound, der alt und neu zugleich ist. Auerbach schreibt damit eine Tradition fort, ohne die er selbst nie zur Musik gekommen wäre. Sein Erweckungserlebnis war die Musik des Junior Kimbrough.

Queerer Punk in Nashville

Der hat einen berühmt-berüchtigten Juke Joint in Mississippi betrieben, bei dem es an den Wochenenden zu Blues-Jams kam. Die Musik des 1998 gestorbenen Musikers führte zur Gründung der Black Keys. Die liegen zur Zeit auf Eis, der 39-Jährige befördert gerade die Karrieren andere Musiker. Zu den herausragenden Alben zählte neben Auerbachs Soloalbum Waiting On A Song das Album Goin’ Platinum! des blinden Blues- und Soulsängers Robert Finley.

Robert Finley: Alter bedeutet nichts.
Music Maker Relief Foundation

Im_Vorjahr produzierte er Shannon in Nashville. Ein in Klang und optischer Anmutung klassisches Sixties-Album für die aus dem queeren Punk kommende Shannon Shaw. In der Pipeline sind Arbeiten der britischen Soul-Sängerin Yola, dem Gospel-Blues-Veteranen Leo Bud Welch sowie das Debüt des erst 19-jährigen Country-Hipster Dee White: Southern Gentleman.

Shannon in Nashville – klingt wie ein Klassiker, ist aber nagelneu.
Easy Eye Sound

So wie Auerbach in seinem Katalog Generationen und Stile umarmt, so klingt die Musik seines Labels. Er ist ein progressiver Traditionalist. Immer auf der Suche nach etwas Neuem, aber ohne die Bereitschaft, das Alte zu vernachlässigen.

300.000$ für Elvis

Dasselbe lässt sich über Jack White sagen. White gilt als manischer Sammler von Musik und ihrer Memorabilia. 2015 hat er um 300.000 Dollar die erste Single von Elvis Presley gekauft, ein Acetat aus 1953. Auf seinem Label veröffentlicht er alte und neue Musik unter den seiner Meinung nach einzig zulässigen Bedingungen: analoge Aufnahmetechnik und tunlichst auf ebensolchen Tonträgern.

Neues Image

Er etablierte mehrere Live-Serien, auf denen er neben Konzerten junger Künstler Auftritte von Veteranen wie Jerry Lee Lewis dokumentiert. Dazu veröffentlicht er historische Kompilationen von Blues- bis Punk-Bands.

Pilgerten früher Fans und Bands hauptsächlich wegen der Grand Ole Opry nach Nashville, ziehen heute die Aktivitäten von Third Man und Easy Eye jede Menge Menschen an. Das schlägt sich nieder. Nashville gilt mittlerweile als hip, das Leben ist im_Vergleich zu den großen Küstenstädten leistbar. Und über den neuen Sound der Stadt kann man sich auch im Rest der Welt freuen – zumindest solange, wie White und Auerbach auf friedliche Koexistenz setzen. (Karl Fluch, 1.2.2019)