In diesem Land werden zu viele schädliche Emissionen in die Luft geblasen. Das gilt für Treibhausgase ebenso wie für die demokratiepolitischen Abgase, die dem Mund des Innenministers entströmen. Was der seit dem Tag seines Amtsantrittes betreibt, ist Parteipolitik zugunsten der Freiheitlichen – mit dem vorgeschobenen Wohl Österreichs oder dem Schutz seiner Bewohnerinnen und Bewohner, wofür sich ein Innenminister auch zuständig fühlen könnte, hat es kaum etwas zu tun. Dass es ihm an Mut nicht fehlt, wenn es um die Abschiebung von Asylwerbern geht, sehr wohl aber, wenn er sich per Selbstabschiebung aus dem Parlament einer demokratischen Debatte über seine Fehlleistungen entzieht, demonstriert den freiheitlichen Charakter in seiner reinsten Form.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auf den sechsten Misstrauensantrag der siebente folgt, daran arbeitet Kickl schließlich unermüdlich, wie seine aktuelle Forderung an die EU-Kommission zeigt, Flüchtlinge auch nach Bagatelldelikten abschieben zu können. Gegen sich selbst ist er großzügiger, haben seine sprachlichen Entgleisungen den Bereich der verfassungsrechtlichen Bagatelle längst verlassen, ohne dass er seine Rückschiebung aus dem öffentlichen in ein Parteiamt als angemessen empfände.

Retters des Vaterlandes

Die offensichtliche Selbstverliebtheit, mit der er sich in die Rolle eines Retters des Vaterlandes hineinsteigert, nährt sich aus der häufig verbreiteten Hypothese, eine türkis-blaue Koalition ohne einen Innenminister Kickl wäre rasch Geschichte. Einen zweiten wie ihn, der so ohne Rücksicht auf Humanität, aber mit einschlägiger Artikulationsfähigkeit auf dem Klavier des Populismus zu spielen versteht, habe die FPÖ nicht mehr in ihren Reihen. Weshalb Kickl der Nagel sei, der diese Koalition für Strache und mehr noch für Kurz zusammenhalte. Als ihr moralischer Sargnagel hat er schon einiges erreicht, wie Reaktionen einer qualifizierten Öffentlichkeit in den letzten Tagen bewiesen.

Der Bundeskanzler scheint jedenfalls das Märchen von Kickls koalitionärer Unverzichtbarkeit zu glauben, schöpfte er doch wieder einmal tief aus seinem Vorrat argumentativer Leere, um den Nagel aufs Neue hinzubiegen. Es ist wie beim Klima. Ist die Bilanz schlecht, legt er ein Bekenntnis zum Klimaschutz ab, am wirksamsten im Bild mit Arnold Schwarzenegger, der dasselbe fordert, was auch im Falle Kickl nötig wäre: "We need action!" Aber sie kommt nicht. Was kam, war wieder einmal die Mitteilung, ein funktionierender Rechtsstaat und eine ordentliche Gewaltenteilung seien das Wichtigste und die Regierung habe Gesetze zu vollziehen. Danke für diese Neuigkeiten, ein Glück, dass Kickl darunter nicht zusammengebrochen, sondern weiter Innenminister ist.

Ihren Höhepunkt erreichte die koalitionäre Schmierenkomödie, als dann doch noch das Misstrauen ausgesprochen wurde. Aber nicht Kickl, sondern dem Justizminister, der ihn kritisiert hatte – und zwar vom burgenländischen FPÖ-Landesrat Tschürtz. Moser sei wegen "parteipolitischer Anschüttungen" rücktrittsreif. Immerhin, der Bundespräsident darf noch im Amt bleiben. Schließlich wahrt Kurz den Rechtsstaat. (Günter Traxler, 31.1.2019)