Na bitte, diese Regierung hält, was sie verspricht! Hier wird nicht lange gezögert, sondern umgesetzt. Und das mit dem weniger Streiten wird schon wieder, dem Selbsterhaltungstrieb sei Dank.

Wenn den Ankündigungen Taten folgen, soll es ab nächstem Jahr in ganz Österreich zu derselben Zeit Herbstferien geben. Endlich. In der Sache gibt es zwar genauso viele Argumente dafür wie dagegen. Aber immerhin hat die leidige Debatte darüber, ob und in welcher Form knapp nach der großen Sommerpause ein neuerlicher Zwischenstopp eingelegt werden soll, ihr vorläufiges Ende gefunden.

Es wird nicht dabei bleiben. Die einen finden, damit werden die Kinder aus dem Lernrhythmus gerissen. Wer aus einer Familie kommt, in der Schule keinen besonderen Stellenwert hat, wird zusätzlicher Bildungschancen beraubt. Die anderen argumentieren, die unkoordinierte Ansammlung freier Tage sei Eltern mit Kindern an unterschiedlichen Schulstandorten nicht zumutbar. Außerdem brauchen die jungen Hirne nach der intensiven Lern- und Prüfungszeit im Herbst sowieso wieder Frischluft.

Was beim alten System der schulautonomen Tage wie bei der jetzt avisierten Herbstferienvariante ungelöst bleibt: wohin mit den Kindern? Wo sind all die Gratisbetreuungsangebote mit Qualitätsanspruch? Oder, umgekehrt: Wer hat an die zusätzlichen bezahlten Urlaubswochen für berufstätige Eltern gedacht, damit sie wertvolle Zeit mit dem Nachwuchs verbringen können? Es sieht wohl ganz danach aus, als könnten die sogenannten Herbstferien für die große Mehrheit der Eltern alles andere als eine erholsame Zeit werden.

"Am" statt "im" System arbeiten

Und was die Kinder und ihre Lehrkräfte anbelangt: Muss die eigentliche Frage nicht lauten, was an den restlichen rund 200 Schultagen in den Klassenzimmern falsch läuft, dass es erforderlich sein soll, nach neun Wochen (!) Sommer- gleich wieder die nächste Verschnaufpause einzulegen? Kann es sein, dass wir die Art und Weise, wie wir heute an den meisten Schulen immer noch lernen, grundsätzlich neu denken müssen? Wäre es nicht besser, wenn die jungen, wissbegierigen Menschen traurig wären, wenn die Schule einmal Pause macht?

Aber das könnte gefährlich werden, denn dann ginge es ans Eingemachte. Antworten auf diese Fragen bedingen eine gesellschaftspolitische Vision. Da braucht es kreative Köpfe, die es wagen, Neues zu denken, die "am" statt "im" System arbeiten, wie es Erziehungswissenschafter Michael Schratz so schön formuliert.

Wir sollten darüber diskutieren, wie es sein kann, dass ganze Klassen unterschiedlichster kindlicher Persönlichkeiten denselben "Stoff" zur selben Zeit aus den gleichen Büchern lernen, um dieses "Wissen" dann möglichst Standardisiert wieder auszuspucken und Feedback in Form eines höchst unzuverlässigen Messinstruments namens Note zu erhalten. Wir bräuchten bildungspolitisches Leadership, wenn es darum geht, allen eine gute Zukunft zu ermöglichen, nicht nur wenigen. Wir können, wenn es denn sein muss, sogar über einen flexiblen Unterrichtsbeginn reden.

Stattdessen müssen wir über Noten für Neunjährige streiten, über Klassenwiederholungen für Kinder, die gerade erst am Anfang ihrer Entwicklung stehen. Und jetzt über die Herbstferien. Das hält eh auch beschäftigt, von dem, was wirklich wichtig ist, hält diese Scheinaktivität der Regierung aber ab. Gebt uns eine Pause! (Karin Riss, 31.1.2019)