Salzburg – Fast ein Jahr nach dem Tod eines 17 Monate alten Buben nach einer kleinen Operation im Salzburger Landeskrankenhaus haben sich nun die Eltern des Kindes mit Details aus dem Gerichtsakt an mehrere Medien gewandt. David hatte bei der Entfernung eines blutenden Muttermals in der Narkose Erbrochenes eingeatmet und war erstickt, seither ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Der Bub war am Abend des 16. April 2018 zu Hause über ein Sofa gestolpert, woraufhin das Muttermal an der Wange zu bluten begann. Damit es zu keiner Infektion kommt, brachten die Eltern das Kind ins Spital. Auf der Ambulanz reinigte die diensthabende Ärztin das Gesicht, versorgte die Wunde mit einem Tupfer und riet zu einer operativen Versorgung am nächsten Tag, weil der Bub nicht nüchtern sei, nachdem er unter anderem Joghurt und Rote Rüben gegessen hatte, berichtete der "Falter".

Danach konsultierte die Ärztin noch den Oberarzt, der laut Medien zunächst ebenfalls zu dem kleinen Eingriff am nächsten Tag riet, dann aber seine Meinung über den Zeitpunkt änderte und sich für einen sofortigen Eingriff aussprach – laut Spitalsanwälten wegen eines möglichen "bedrohlichen Blutverlusts". Auf die Bedenken der Mutter soll der Anästhesist entgegnet haben, dass das Risiko so groß sei wie eine Busfahrt von Salzburg nach Bischofshofen.

Anästhesist lehnte Herzüberwachung ab

Aufgrund der Narkose verfiel das Kind in Tiefschlaf. Eine Herzüberwachung per EKG lehnte der Anästhesist laut "Falter" wegen der Kürze des Eingriffs ab. Der eingetretene Herzstillstand sei dadurch nicht erkannt worden. Laut dem von den Eltern beauftragten Sachverständigen Matthias Thöns war die Operation angesichts des fehlenden EKGs "grob sorgfaltswidrig". Erst eine herbeigerufene weitere Oberärztin erkannte demnach den lebensbedrohlichen Zustand und begann mit der Reanimation.

"Wie ich den OP betreten habe, hatte ich den Eindruck, dass der Bub bereits tot ist und dass ich zu spät gerufen wurde. Am meisten irritierte mich die gefühlte Schockstarre der Beteiligten", gab die Oberärztin später zu Protokoll. Alle seien um den Tisch gestanden "und schauten", dabei sei das Kind "gräulich und weißlich" gewesen. "Am Monitor war nur ein weißer Strich", erklärte die Oberärztin. "Mir kam nicht vor, dass aktiv gearbeitet wurde."

Gutachter Thöns: "Bei einem nicht nüchternen Kind darf man nur im äußersten Notfall operieren, einem offenen Bruch, einem Darmriss oder einer Schussverletzung. An einer kleinen Wunde, die man auch noch abdrücken könnte, kann ein gesundes Kind nicht sterben. An einer Narkose bei fehlender Nüchternheit schon."

Alle Ärzte wieder im Dienst

Der ärztliche Leiter des Klinikums, Jürgen Koehler, erklärte gegenüber dem "Falter", dass das Spital den Behörden volle Transparenz zugesichert habe. Er sei als Arbeitgebervertreter aber auch zum Schutz der Ärzte verpflichtet, die weder vorverurteilt noch in ihren arbeitsrechtlichen Ansprüchen verletzt werden dürften. Deshalb sei der am schwersten belastete Anästhesist nicht suspendiert worden und alle Ärzte weiter im Dienst.

Die Eltern des Kindes stellen die Frage in den Raum, ob ihr Sohn nur wegen der Zusatzversicherung sofort operiert wurde, obwohl laut Privatgutachter Kurosh Paya, Professor für Kinderchirurgie in Wien, "hier medizinisch gesehen sogar grob fahrlässig grundlegende medizinische Vorsichtsmaßnahmen ausgeschaltet" worden seien. Das Spital wies das zurück: Es habe überhaupt keine Abrechnung von Sonderklasseleistungen gegeben. "Ob eine Indikation für einen Eingriff besteht, hängt ausschließlich von medizinischen Kriterien ab." (APA, 30.1.2019)