Daniel Hemetsberger erlitt am 29. 12. im Super-G von Bormio seinen vierten Kreuzbandriss.

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Die Damenrennen in Garmisch-Partenkirchen haben eine Schneise durch das Starterfeld gezogen. Zumindest zwei Läuferinnen müssen ihre Saison nach Stürzen vorzeitig beenden, allein in der Abfahrt am Sonntag gab es zahlreiche Crashs. Doch selbst die simpel klingende Forderung nach Einheitsanzügen aus dickerem Material scheint im Ski-Weltcup derzeit nicht realisierbar.

Während bei den Hahnenkammrennen in Kitzbühel in diesem Jahr im historischen Vergleich relativ wenig gravierende Verletzungen passierten, trat die Schattenseite des alpinen Rennsports in Oberbayern deutlich zutage – und das fast exakt 25 Jahre nach dem tödlichen Unfall Ulrike Maiers in der Abfahrt von Garmisch-Partenkirchen.

Die Schweizerin Michelle Gisin erlitt im Training ohne Sturz schwere Knieverletzungen und muss ihre Saison vorzeitig beenden, ÖSV-Ass Cornelia Hütter trug am Sonntag unter anderem eine Knieverletzung davon und fällt verletzt aus. Am schlimmsten erwischte es Federica Sosio: Die Italienerin zog sich einen Schien- und Wadenbeinbruch zu.

Die Sicherheitsdiskussion wird im Weltcup zwar laufend geführt, greifbare Resultate bleiben aber aus. "Ich glaube schon, dass sich viel getan hat", sagt Atle Skårdal, der Renndirektor des Ski-Weltverbands (FIS) für die Frauen. "Es gibt ständig eine gewisse Entwicklung, etwa wie viele Netze man aufstellt oder die Qualität der Sicherheitsinstallationen."

Kein Gehör gefunden

Doch gleichzeitig bleiben genug offene Punkte – von einer Entzerrung des dichten Rennkalenders bis zur verpflichtenden Einführung von Sicherheitsmaßnahmen wie dem Airbag. Athletensprecherin Tina Weirather wiederholte zuletzt die Forderung nach dickeren Rennanzügen. "Jeder weiß, dass das gleich einmal eineinhalb Sekunden ausmacht. Und wenn man eineinhalb Sekunden langsamer ist, sinkt die Verletzungsgefahr", sagt die Liechtensteinerin.

Hannes Reichelt hatte dieses Thema schon beim FIS-Kongress im Mai in Griechenland aufgebracht – und war abgeblitzt. "Ich habe der FIS vorgeschlagen, dass wir dickere Anzüge mit anderen Schnitten und Protektoren bekommen, aus einem Einheitsmaterial. Passiert ist nichts", erklärt Reichelt, demzufolge die Sportler mehrheitlich dafür plädiert hätten. Die FIS habe abgeblockt.

Eine geschlossene Front gibt es aber auch unter den Athleten nicht. Der Deutsche Thomas Dreßen, Kitzbühel-Abfahrtssieger 2018, äußerte im Bayerischen Rundfunk (BR) seine Vorbehalte. Es sei "extrem schwierig, dass du das Material dann auch gleichwertig für jeden machst".

Kritisch gibt sich auch ÖSV-Herren-Rennsportleiter Andreas Puelacher. "Ich muss ganz klar sagen, ich bin nicht für die Einheitspartie. Wir sollten auch jedem Verband überlassen, wo man sich entwickeln kann. Wenn man alles einheitlich macht, gibt es ja keine Weiterentwicklung", sagte Puelacher. Von einer Airbag-Vorschrift halte er ebenso wenig. "Man muss dem Athleten auch Eigenverantwortung übertragen, und das gehört für mich dazu."

Hinzu kommt die Befürchtung, dass der Sport an Spannung verlieren könnte. Das sei für das Potenzial, den Ski-Weltcup bei Partnern gewinnbringend verkaufen zu können, nachteilig. Puelacher: "Die FIS will ja auch spektakuläre Bilder zeigen. Das alles in Einklang zu bringen, das ist, glaube ich, relativ schwer."

Die Forderung nach weniger Rennen und längeren Pausen, um die Belastung zu verringern, dürfte ebenfalls verhallen. Die Interessenlagen und Abhängigkeiten sind divers. Sportler, Trainer, Herstellerfirmen, Funktionäre, Veranstalter, Medien, Vermarkter – alle auf einen Nenner zu bringen kommt der Quadratur des Kreises gleich. (APA, red, 29.1.2019)