Gewalt gegen Frauen ist alltäglich und weit verbreitet. Das ist schon lange so, auch vor 2015 – und furchtbar. Das politische Bedürfnis, auf Gewalt gegen Frauen hinzuweisen, ist derzeit immens. Das wäre an und für sich erfreulich – würde da nicht eine gewisse selektive Wahrnehmung blühen. Denn angesprochen wird nur bestimmte Gewalt gegen Frauen: solche, die sich medial ausschlachten und eindeutige Zuweisungen machen lässt.

Ein Schelm, der daraufhin zu zweifeln beginnt, ob es tatsächlich um Hilfe und gesellschaftliche Ächtung geht oder vielleicht doch um anderes. Denn der patriarchal irregeleitete Flüchtling alleine ist es nicht, der Frauen gefährlich werden kann. Man braucht nicht so zu tun, als ob es keine im eigenen Land vorhandenen Strukturen gäbe, die Frauen jährlich zur tödlichen Gefahr werden. Das Besitzdenken, die Grenzüberschreitung sind auch recht deftig autochthon. Nur ist dies ein traditioneller Anstrich des Kinder-Küche-Kirche-Modells und damit für den konservativen Wählerpool eher unergiebig.

Publicitywirksam muss dennoch etwas getan werden. Und so kommt es, dass nach dem dürren Jahr voller Kürzungen für diverse Frauenorganisationen, die auch Opfern Hilfestellung boten, eine neue Notfallnummer aus dem Hut gezaubert wird. Es hat all die Jahre übrigens bereits eine solche Nummer gegeben. Sie heißt Frauenhelpline und lautet 0800 222 555. (Julya Rabinowich, 20.1.2019)